Altvereinbarungen (z.B. Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, und auch sonstige Vereinbarungen i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 WEG) gelten fort, wenn sie ausdrücklich bezwecken, unabhängig von einer Gesetzesänderung einen niedergelegten Standpunkt/eine niedergelegte Rechtsfolge zu zementieren. Dies klärt sich nach der Auslegungsregel in § 47 WEG: Im Zweifel gilt neues Recht (§ 47 S. 2 WEG).
Durch Auslegung der Vereinbarung muss sich also eine Änderungsabsicht im Hinblick auf den gesetzlichen Rechtszustand bei Errichtung der Vereinbarung ergeben (§ 47 S. 1 WEG). Wurde das seinerzeit geltende Gesetz nur „abgeschrieben”, so ist davon nicht auszugehen. Auch dann gilt neues Recht (AG Mettmann, Urt. v. 19.4.2021 – 26 C 1/21, juris Rn 15 und 21; AG Ludwigshafen, Beschl. v. 16.3.2021 – 2p C 37/21, juris Rn 24; AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 28.5.2021 – 980a C 1/21, ZMR 2021, 770).
Auslegung und Anwendung des § 47 WEG folgt diesen Leitlinien (dazu ausführlich: Dötsch/Schultzky/Zschieschack, a.a.O., Kapitel 16 Rn 4 ff.; Lehmann-Richter/Wobst, a.a.O., § 8 Rn 630; Falkner, Das Übergangsrecht des WEMoG, ZWE 2021, 149 ff.):
- Trifft das heutige WEG eine eigenständige Regelung?
- Weicht die Altvereinbarung vom heutigen WEG ab?
- Hat die Altvereinbarung den damals geltenden Gesetzestext nur übernommen (dem Sinne nach oder gar abgeschrieben)?
- Oder weicht sie vom alten Recht ab?
- Falls ja, entspricht die Vereinbarung dennoch der Absicht, die mit der neuen Rechtsetzung verfolgt wird – will sie z.B. die Erleichterungen schaffen, die mit dem neuen Recht ebenfalls umgesetzt werden? Dann gilt neues Recht.
- Oder widerspricht sie dieser Intention? Dann gilt die Altvereinbarung fort.
- Weicht sie nicht vom alten Recht ab, weil sie Regelungen zeigt, die im alten Recht nicht bestanden, die nun aber vom – jetzt geregelten – neuen Rechtsinhalten abweichen? Wenn ja, passt diese Regelung zum neuen Recht?
- Regelt die Vereinbarung Punkte, die im alten Recht geregelt waren, die aber nicht zum neuen Recht passen, weil systemfremd?
Häufig betroffen sind Fragen zur heute geltenden Einladungsfrist für Eigentümerversammlungen, zur Ausübung von Stimmrechten nach Kopfprinzip oder nach anderen Ansätzen (z.B. MEA), zu notwendigen Beschlussquoren und zur Gewichtung und Ausübung von Stimmrechten ebenso zu Fragen der Kostenverteilung.