1. Gemeinschaftseigentum
Nur noch die Gemeinschaft kann Störungsbeseitigungs- und Unterlassungsansprüche ausüben, wenn das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt wird. Sie handelt durch den Verwalter (§§ 9a Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Wegen der jetzt eröffneten gesetzlichen Handlungskompetenz muss im Unterschied zum alten Recht (vgl. § 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 2 WEG a.F.) kein vorheriger Beschluss mehr gefasst werden (BGH, Urt. v. 16.7.2021 – V ZR 284/19, ZMR 2021, 992).
Wirken sich Störungen des Gemeinschaftseigentums nur mittelbar auf den Bereich des Sondereigentums aus, so ist ebenfalls nur die Gemeinschaft zur Abwehr berufen (BGH, Urt. v. 28.1.2022 – V ZR 106/21, IMR 2022, 190 – Erschwerung des Zugangs zur Wohnung für gehbehinderten Eigentümer).
2. Sondereigentum
Schon vor der Reform konnte sich der einzelne Sondereigentümer gegen Störungen im Bereich seines Sondereigentums wehren (§ 1004 BGB). Die Gemeinschaft konnte aber die Angelegenheit durch Beschluss an sich ziehen (§ 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 2 WEG a.F.).
Nur wenn eine Störung unmittelbar im Sondereigentum Auswirkungen zeigt, hat der Sondereigentümer als einzelnes Mitglied der Eigentümergemeinschaft auch heute ein Klagerecht (BGH, Urt. v. 28.1.2022 – V ZR 106/21, IMR 2022, 190; ebenso schon zum alten Recht: BGH, Urt. v. 24.1.2020 – V ZR 295/16, IMR 2020, 295). Jetzt ist ausschließlich der einzelne Sondereigentümer dazu berufen, Störungsbeseitigungs- und Unterlassungsansprüche im Falle erlittener Beeinträchtigung seines Sondereigentums auszuüben (§ 1004 BGB, § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG). Wegen der weggefallenen Beschlusskompetenz der Gemeinschaft zur Vergemeinschaftung kann der Verband nicht mehr „dazwischen grätschen”. Ebenso liegt es, wenn zugleich Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt wurde (BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 41/19, ZMR 2021, 826; BGH, Urt. v. 1.10.2021 – V ZR 48/21, NZM 2022, 107). Geht es um ungenehmigte und störende bauliche Veränderungen oder um die Feststellung von Mängeln im Gemeinschaftseigentum, ist ein selbstständiges Beweisverfahren ausschließlich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten (§ 18 Abs. 2 WEG), auch wenn die Eigentümerversammlung damit zuvor noch nicht befasst war (LG Baden-Baden, Beschl. v. 21.7.2021 – 3 T 45/21, ZWE 2021, 409; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 9.12.2021 – 2-13 T 74/21, ZMR 2022, 242).
3. Mischfälle
In der Praxis häufig sind Mischfälle, in denen sich Störungen und Beeinträchtigungen sowohl auf das Gemeinschaftseigentum wie auf das Sondereigentum auswirken. Hier bleibt im Gleichklang zur bisherigen Rechtslage der Einzelne berufen, Störungen rechtlich abzuwehren (OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2022 – I-9 U 25/21, ZWE 2022, 320 – Störung allerdings durch installierte Geldautomaten wegen einer eventuellen Gefahr ihrer Sprengung verneint, wenn die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung den Betrieb einer Bankfiliale vorsieht); nicht berufen ist die Gemeinschaft, die nur für Abwehrmaßnahmen zuständig ist, die „rein” das Gemeinschaftseigentum betreffen (§ 9a Abs. 2 WEG; BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 41/19, BeckRS 2021, 19575 = juris Rn 13; vgl. BT-Drucks 19/18791, S. 53 zu § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 9a Rn 94; Scheller, in: MüKo zum BGB, 8. Aufl. 2021, § 14 WEG Rn 37; BeckOGK/Falkner, WEG Stand 1.12.2020, § 9a Rn 131; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG Recht 2021, 1. Aufl. 2021, Kapitel 3 Rn 61; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn 1431a).
4. Sondernutzungsrecht
Wie das Sondereigentum selbst, so kann ausschließlich der einzelne Wohnungseigentümer als Berechtigter dieses Rechts auch ein beeinträchtigtes Sondernutzungsrecht auf der Gemeinschaftseigentumsfläche als Rechtsinhaber „verteidigen” (BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 41/19, ZMR 2021, 826; BGH, Urt. v. 1.10.2021 – V ZR 48/21, NZM 2022, 107).
Geht umgekehrt durch die veränderte Gestaltung oder durch eine bauliche Veränderung in diesem Bereich eine Beeinträchtigung von einer Sondernutzungsfläche aus, so ist jeder davon beeinträchtigte Eigentümer abwehrbefugt (§ 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 WEG i.V.m. § 1004 BGB; LG Düsseldorf, Urt. v. 22.6.2022 – 25 S 56/21, IMR 2022, 361 – für ein 7,36 m hohes Kreuz, umwunden mit einer LED-Lichterkette und mit einem eigenen Betonfundament; vgl. zur Unzulässigkeit eines Fahnenmastes auf der Sondernutzungsfläche: AG Bottrop, Urt. v. 22.4.2016 – 20 C 57/15, IMR 2016, 424; zur Unzulässigkeit eines eigenmächtig angelegten Wegs auf der Rasenfläche des Gartens mit „Skulpturengarten” am Wegesrand: LG Hamburg, Urt. v. 12.12.2012 – 318 S 31/12, IMR 2013, 296).
5. Speziell: Anspruchsgegner bei Wasserschäden
a) Fälle
Wasserschäden entstehen insb. durch Baumangel, als Folge eines Sturmschadens, und nach Wasserrohrbrüchen/Leckagen. Die Ursachen allen Übels liegen entweder im Gemeinschaftseigentum, im Sondereigentum oder bestehen in einer Gemengelage. Die Frage des Geschädigten: „Aber irgendjemand muss doch dafür haften?”
b) Einzelner Eigentümer
Liegt die Ursache (z.B. Rohrleckage) im räumlichen Bereich eines Sondereigentums und ist davon ein anderes Sondereigentum betroffen, ist an eine Haftung des Eigentümers zu denken. Sie folgt aus § 14 Abs. 3 WEG, und...