1. Gerichtliche Zuständigkeit
Auch dann, wenn ein wohnungseigentumsrechtliches Thema i.S.v. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG nicht mehr von einem Mitglied der Eigentümergemeinschaft, sondern von dessen Rechtsnachfolger geltend gemacht wird, handelt es sich um eine Wohnungseigentumssache (LG Karlsruhe, Beschl. v. 29.10.2021 – XI O 6/21, ZWE 2022, 142 – hier für einen Hausratversicherer nach Legalzession eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs [§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog] im Zuge der Schadensregulierung; vgl. auch BGH, Beschl. v. 24.9.2020 – V ZB 90/19, ZWE 2021, 53 – abgelehnt für Ansprüche aus einem Vertrag über den Erwerb von Wohnungseigentum als WEG-Sache).
Wird Berufung beim falschen Gericht eingelegt, so kann die Berufungsfrist nicht gewahrt werden, wenn zwar die Verweisung an das zuständige Gericht beantragt wird, dort aber keine Berufung eingelegt wird (BGH, Beschl. v. 22.10.2020 – V ZB 45/20, ZWE 2021, 140 Rn 7). Dies ist analog § 281 ZPO ausnahmsweise anders, wenn die Frage der Zuständigkeit eines Berufungsgerichts höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und deshalb auch vertretbar anders beantwortet werden kann (BGH, Beschl. v. 22.10.2020 – V ZB 45/20, ZWE 2021, 140 Rn 7). Die unrichtige Belehrung über das zuständige Berufungsgericht begründet diesen Ausnahmefall nicht (BGH, Beschl. v. 24.2.2022 – V ZB 59/21, ZWE 2022, 336; ebenso BGH, Beschl. v. 22.10.2020 – V ZB 45/20, ZWE 2021, 140 Rn 7). Befolgt der Rechtsanwalt also eine falsche Rechtsmittelbelehrung, soll er sich zwar in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befinden. Allerdings entlastet ihn dies nicht davon, die Berufung beim „richtigen” Berufungsgericht einzulegen. Dann haftet er zwar nicht für die ursprünglich befolgte falsche Rechtsmittelbelehrung, wohl aber dafür, dass er der Klarstellung nach gerichtlichem Hinweis nicht Folge geleistet hat. Folgerichtig beginnen die Fristen für die Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist erst zu laufen, wenn das aufgrund der (falschen) Rechtsmittelbelehrung angerufene Gericht auf seine Unzuständigkeit hinweist (BGH, Beschl. v. 24.2.2022 – V ZB 59/21, ZWE 2022, 336; ebenso BGH, ZWE 2021, 140 Rn 7; BGH, ZWE 2020, 301 Rn 17).
2. Zur Klageerhebung gegen den Verband
Richtiger Beklagter ist jetzt nur noch der Verband (§ 44 Abs. 2 S. 1 WEG), nicht mehr – wie bis zum 30.11.2020 – die übrigen Wohnungseigentümer. Eine solche Klage ist als unzulässig abzuweisen (BGH, Urt. v. 8.7.2022 – V ZR 202/21, IMRRS 2022, 1073; AG Hamburg-St. Georg, Beschl. v. 3.8.2021 – 908 c 14/21, ZMR 2021, 849; AG Berlin-Charlottenburg, Urt. v. 16.4.2021 – 73 C 8/21, ZMR 2022, 66; AG Wiesbaden, Urt. v. 12.3.2021 – 92 C 3284/20, ZMR 2021, 528).
Wer Beklagter ist, ergibt sich aus der Klageschrift (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Sie ist auslegungsfähig und im Einzelfall auch auslegungsbedürftig. Leitlinie: Partei ist die Person/Personengruppe/Gemeinschaft als Verband, die erkennbar durch die Parteienbezeichnung betroffen werden soll.
Handelt es sich um eigentlich nicht gewollte Unrichtigkeiten, kommt eine Rubrumsberichtigung infrage (AG Essen, Urt. v. 2.11.2021 – 196 C 50/21, ZMR 2022, 67 – bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung, wenn sich die gewollte „richtige” Partei [Gemeinschaft] noch durch Auslegung ermitteln lässt; ebenso LG Berlin, Urt. v. 22.3.2022 – 55 S 37/21, IMR 2022, 295; weitergehend noch „für die Übergangszeit”: LG München I, Beschl. v. 9.9.2021 – 36 T 6514/21, ZWE 2022, 186). Wollte man aber die – falsche – Parteienbezeichnung aufgrund einer rechtlichen Fehleinschätzung, kann das Rubrum nicht berichtigt werden (BGH, Urt. v. 8.7.2022 – V ZR 202/21, IMRRS 2022, 1073; keine Berichtigung möglich bei der Bezeichnung „die übrigen Wohnungseigentümer” i.V.m. der überreichten Eigentümerliste sowie der Bezeichnung im Plural „die Beklagten”; ebenso: AG Hamburg-Wandsbek, Urt. v. 14.9.2021 – 750 C 29/20, ZMR 2020, 422; AG Ahrensburg, Urt. v. 20.7.2021 – 37a 1/21, ZMR 2022, 408; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 28.4.2022 – 2-13 S 117/21, IMR 2022, 296; zur Klageerhebung gegen den persönlich benannten anderen Eigentümer einer Zweiergemeinschaft: BGH, Urt. v. 8.7.2022 – V ZR 202/21, IMRRS 2022, 1073). Dann muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden.
Dies führt in aller Regel zur Klagerücknahme, verbunden mit der Erhebung einer neuen Klage jetzt mit der richtigen Parteienbezeichnung. Dies ist dann allerdings bei Anfechtungsklagen häufig verfristet (§ 45 S. 1 WEG) und damit ebenfalls unzulässig (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 28.4. 2022 – 2-13 S 117/21, IMR 2022, 296; AG Hamburg-St. Georg, Beschl. v. 3.8.2021 – 908a C 14/21, ZMR 2021, 849; AG Berlin-Charlottenburg, Urt. v. 16.4.2021 – 73 C 8/21, ZMR 2022, 66; AG Wiesbaden, Urt. v. 12.3.2021 – 92 C 3284/20, ZMR 2021, 528). Die Ausnahme bilden die Beschlussersetzungsklage sowie die Klage auf Feststellung der Beschlussnichtigkeit, denn sie sind nicht fristgebunden (§ 44 Abs. 2 S. 1 WEG). Eine Klage gegen „die übrigen Wohnungseigentümer”, adressiert zu Händen des Verwalters, ist an diesen auch nicht wirksam zugestellt. Denn er ist nicht Bev...