§ 721 ZPO setzt voraus, dass das Tatgericht auf Räumung von Wohnraum erkannt hat. Der Wortlaut scheint den Anwendungsbereich daher auf Räumungsurteile im engeren Sinn zu beschränken, mithin auf Entscheidungen, die den Mieter nicht nur zur Besitzherausgabe der Mieträume (Herausgabe), sondern auch zum Wegschaffen der gesamten Wohnungseinrichtung verpflichten (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., § 721 ZPO Rn 11 u. Einleitung Räumungsvollstreckung Rn 1). Das Verständnis von „Räumung” bei § 721 ZPO ist jedoch im Lichte des Eingangs dargestellten Normzwecks, den Wohnraummieter vor Obdachlosigkeit zu bewahren, weit auszulegen, sodass jede nach § 885 ZPO zu vollstreckende Entscheidung ausreicht, mithin auch reine Herausgabeurteile erfasst werden (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., § 721 ZPO Rn 11). Versäumnisurteile sind gleichermaßen wie Anerkenntnisurteile erfasst (BeckOK-Mietrecht/Fleindl, 33. Edition, Stand 1.5.2021, Zwangsvollstreckung Rn 116). Auf gerichtliche Räumungsvergleiche findet nicht § 721 ZPO, sondern § 794a ZPO Anwendung, da dabei vertragliche Regelungen der Mietparteien vorliegen.

Umstritten ist, ob § 721 ZPO auch bei einer einstweiligen Räumungsverfügung nach § 940a ZPO Anwendung findet. Nach einer Auffassung soll dies der Fall sein, da es sich auch beim Verfahren nach § 940a ZPO um ein summarisches Erkenntnisverfahren handele, bei welchem als Annex die Entscheidung über eine Räumungsfrist sachgerecht und daher durchzuführen sei (so Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., § 721 ZPO Rn 14). Richtig dürfte es sein, § 721 ZPO i.R.d. Räumungsverfügung nicht anzuwenden. Unabhängig von der Frage der gemeinsamen Entscheidung aufgrund von Sachnähe steht schon das einstweilige Verfügungsverfahren mit der inkorporierten besonderen Eilbedürftigkeit der Gewährung einer Räumungsfrist grds. entgegen. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung von § 940a ZPO die grds. Entscheidung getroffen, auch im Bereich des grundrechtssensiblen Bereichs der Wohnraummiete eine Räumungsregelungsverfügung zuzulassen, die als Folge eine Räumungsverpflichtung des Mieters haben kann und die ohne mündliche Verhandlung ohne Beschluss ergehen kann. Die Möglichkeit der Gewährung einer Räumungsfrist würde diese grundlegende Entscheidung konterkarieren (im Einzelnen ebenso LG Hamburg, Beschl. v. 18.9.1991 – 311 T 116/91, NJW-RR 1993, 1233; Zöller/Seibel, a.a.O., § 721 ZPO Rn 3; MüKo-ZPO/Götz, a.a.O., § 721 ZPO Rn 2).

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