Gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist im Kostenfestsetzungsverfahren auf Antrag auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind. Diese Formulierung spricht dafür, dass eine Verzinsung nur anzuordnen ist, wenn tatsächlich Kosten festgesetzt werden. Insbesondere in sozialgerichtlichen Angelegenheiten kommt es nicht selten vor, dass der erstattungspflichtige Beklagte die Kosten nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht vollständig zahlt. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob der Kostenfestsetzungsbeschluss isoliert über die Zinsen vom Eingang des Festsetzungsantrags bis zum Tag der Zahlung ergehen kann:
- Die Mehrzahl der Sozialgerichte verneint in einem solchen Fall die isolierte Festsetzung der Zinsen (so SG Berlin – 21. Kammer – AGS 2015, 350; SG Schleswig AGS 2015, 350; SG Dresden – 42. Kammer – AGS 2015, 351; SG Dresden – 50. Kammer – AGS 2015, 351; SG Halle AGS 2015, 351; SG Würzburg AGS 2015, 351).
- Nach der Gegenmeinung kommt auch eine isolierte Festsetzung der Zinsen in Betracht (SG Berlin – 133. Kammer – AGS 2015, 352; SG Frankfurt/M. RVGreport 2015, 389 [Hansens]).
Das SG Frankfurt/M. begründet seine Auffassung damit, die Bestimmung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO sei jedenfalls entsprechend anwendbar. Zwar spreche der Wortlaut dieser Vorschrift dafür, dass die "festgesetzten Kosten" vom Eingang des Festsetzungsantrags zu verzinsen seien. Das Gesetz weise jedoch eine planwidrige Regelungslücke für den Fall auf, dass wegen der Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs es zur Festsetzung der Kosten selbst nicht mehr komme.
1. Zinsanspruch
Die Verzinsung des Erstattungsbetrags setzt zunächst den Eingang des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht voraus. Für den Verzinsungsbeginn ist dann der Tag dieses Eingangs maßgeblich, nicht etwa der etwaige spätere Eingang des Verzinsungsantrags. Der Zinsanspruch entsteht nämlich materiell-rechtlich mit der Stellung des Kostenfestsetzungsantrags (so bereits OLG München Rpfleger 1961, 311 = JurBüro 1961, 33; OLG Hamm JurBüro 1978, 925; KG Rpfleger 1977, 217). Deshalb kann der Verzinsungsantrag, der im Kostenfestsetzungsantrag vergessen wurde, auch noch nachträglich gestellt werden, was in der Praxis kaum bekannt ist. Die Verzinsung ist dann – ggf. durch besonderen Beschluss – ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags auszusprechen, selbst wenn zwischenzeitlich der ohne die Verzinsungsanordnung erlassene Kostenfestsetzungsbeschluss rechtkräftig geworden sein sollte (OLG Hamm Rpfleger 1970, 143; KG JurBüro 1978, 1566 = Rpfleger 1978, 285). Voraussetzung für die Verzinsung ist jedoch, dass der Partei überhaupt ein Kostenerstattungsanspruch zusteht.
2. Verfahrensweise bei (Teil-)Zahlungen
Wie im Einzelfall bei (Teil-)Zahlungen im Kostenfestsetzungsverfahren zu verfahren ist, soll unter Benutzung der Daten aus dem Fall des SG Frankfurt/M. (a.a.O.), anhand von verschiedenen Verfahrenssituationen dargestellt werden. In jenem Fall hatte die erstattungsberechtigte Klägerin mit ihrem beim SG am 12.2.2014 eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag Kosten i.H.v. 530,74 EUR geltend gemacht. Die Beklagte hatte diesen Betrag am 28.9.2014 unstreitig gezahlt.
- Der Beklagte behauptet die Zahlung des Erstattungsbetrags i.H.v. 530,74 EUR, der Kläger bestreitet die Zahlung: Die Kosten sind i.H.v. 530,74 EUR verzinslich ab 12.2.2014 festzusetzen, weil der streitige Erfüllungseinwand im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen ist.
- Bei der vorstehenden Fallgestaltung ist die Zahlung eines Teilbetrags von 200 EUR unstreitig: Es sind 530,74 EUR nebst Zinsen ab 12.2.2014 abzüglich am 29.8.2014 gezahlter 200 EUR festzusetzen.
- Die Zahlung i.H.v. 530,74 EUR ist unstreitig am 29.8.2014 erfolgt: Es sind 530,74 EUR nebst Zinsen seit dem 12.2.2014 abzüglich am 29.8.2014 gezahlter 530,74 EUR festzusetzen.
- Der Beklagte hat am 29.8.2014 unstreitig 530,74 EUR ausdrücklich nur auf die Hauptforderung gezahlt. Lehnt der Erstattungsberechtigte die Leistung nicht gem. § 367 Abs. 2 BGB ab, so stellt sich hier die vom SG Frankfurt/M. erörterte und bejahte Frage, ob eine isolierte Festsetzung der Zinsen möglich ist.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
ZAP 24/2015, S. 1311 – 1320