I. Vergütungsfestsetzung gegen den eigenen Auftraggeber, § 11 RVG
Die Festsetzung der Vergütung gegen den eigenen Auftraggeber durch den Rechtspfleger oder Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist für den Rechtsanwalt ein schnelles und einfaches Verfahren, um den Vergütungsanspruch gegen den eigenen Auftraggeber der Höhe nach feststellen und in einem Vollstreckungstitel, nämlich dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss, titulieren zu lassen. Erstaunlicherweise wird den Einzelheiten dieses Vergütungsfestsetzungsverfahrens nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei kann die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung dem Rechtsanwalt viel Arbeit, Mühe und auch Kosten ersparen, um gegen den Auftraggeber einen Vollstreckungstitel zu erwirken.
1. Persönlicher Anwendungsbereich
Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 RVG wird die gesetzliche Vergütung unter den näher beschriebenen Voraussetzungen auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgesetzt. Der Vergütungsfestsetzungsantrag des Auftraggebers ist nach meinen Erfahrungen aus der Praxis eher ein Exot. Ich selbst habe nur zwei Vergütungsfestsetzungsverfahren bearbeitet, in denen der Auftraggeber Antragsteller war, während die ganz überwiegende Anzahl der Anträge im vierstelligen Bereich von den betreffenden Rechtsanwälten gestellt wurde. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG stellt seinem Wortlaut nach auf die Vergütung des Rechtsanwalts ab.
Ob auch ein Patentanwalt gem. § 11 RVG die Festsetzung seiner Vergütung gegen seinen Auftraggeber verlangen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten:
- Nach einer Auffassung kann auch der Patentanwalt die Vergütungsfestsetzung gem. § 11 RVG betreiben, so BPatG – 1. Senat – BPatGE 45, 76 = BRAGOreport 2002, 127 [Hansens]; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 143 Rn. 19; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 55; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140 Rn. 58; Hartmann, KostG, 45. Aufl., § 11 RVG Rn. 22, sofern der Patentanwalt nach dem RVG abrechnet; Kurtz MittdtschPatAnw 2009, 507).
- Nach der Gegenmeinung kann die Vergütung des Patentanwalts nicht gem. § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden (BPatG – 2. Senat – BPatGE 18, 164; OLG Düsseldorf InstGE 10, 57 = MittdtschPatAnw 2009, 518; OLG München Rpfleger 1978, 67; Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 80 Rn. 55; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 11 Rn. 8; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., § 11 Rn. 30).
Der BGH (RVGreport 2015, 417 [Hansens]) hat sich neulich der letztgenannten Auffassung, die auch die Vorinstanzen vertreten hatten, angeschlossen. Dabei waren für den BGH folgende Umstände maßgebend: Der BGH hat zunächst auf den Gesetzeswortlaut verwiesen, der allein den Rechtsanwalt nenne. Ferner hat der BGH darauf verwiesen, dass die Vergütung des Patentanwalts anders als diejenige des Rechtsanwalts nicht gesetzlich festgelegt werde. Auch wenn der Patentanwalt unter Heranziehung der Vergütungsvorschriften des RVG abrechne, treffe er dabei gem. §§ 315 Abs. 1, 316 BGB die ihm überlassene Leistungsbestimmung einseitig nach billigem Ermessen. Die Vergütung des Rechtsanwalts ergebe sich demgegenüber aus dem Gesetz.
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 11 RVG auf Patentanwälte hat der BGH keine Veranlassung gesehen. Es fehle nämlich an einer planwidrigen Regelungslücke. Schließlich waren für den BGH auch nicht die Erstattungsvorschriften der § 143 Abs. 3 PatG, § 140 Abs. 3 MarkenG und § 27 Abs. 3 GebrMG maßgebend, nach denen für die Mitwirkung eines Patentanwalts die Gebühren nach § 13 RVG erstattungsfähig seien. Dies betrifft nach Auffassung des BGH lediglich das Erstattungsverhältnis zum Gegner und nicht das Verhältnis zwischen dem Patentanwalt und seinem Auftraggeber.
Praxishinweis:
Da nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH den Patentanwälten die vereinfachte Durchsetzung ihres Vergütungsanspruchs gegen den Auftraggeber im Verfahren nach § 11 RVG verschlossen ist, können aufwendige Honorarprozesse nur dadurch vermieden werden, dass die Patentanwälte möglichst die gesamte Vergütung vorschussweise von dem Auftraggeber fordern.
2. Sachlicher Anwendungsbereich
a) Isoliertes PKH-Bewilligungsverfahren
Gegenstand der Vergütungsfestsetzung können die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 RVG festgestellte Pauschgebühr und die nach § 670 BGB zu ersetzenden Aufwendungen sein, soweit sie zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören.
In neuerer Zeit hat sich die Rechtsprechung wieder mit der Frage befasst, ob auch die Vergütung für ein PKH-Bewilligungsverfahren gegen den Auftraggeber im Verfahren nach § 11 RVG festgesetzt werden kann. Diese Frage stellt sich nur dann, wenn die Bewilligung der PKH abgelehnt wurde (s. KG JurBüro 1982, 1185; OLG Koblenz AGS 2003, 105) oder im Falle der Bewilligung der PKH ein anderer Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Bei Bewilligung der PKH scheitert nämlich für den beigeordneten Rechtsanwalt die Vergütungsfestsetzung an der Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, nach der der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen seine Partei nicht geltend machen kann.
Das FG Sachsen-Anhalt (RVGreport 2015, 335 [Hansens] = AGS 2015, 330) ist bei einer in e...