Stand: November 2015
Vorbemerkung
Die Bundesrechtsanwaltskammer hat kürzlich die Handlungshinweise ihres Ausschusses Steuerrecht zur umsatzsteuerlichen Behandlung anwaltlicher Dienstleistungen mit Auslandsbezug veröffentlicht. Darin wird insbesondere auf die "Zusammenfassende Meldung" gem. § 18a UStG eingegangen. Danach gilt Folgendes:
Seit dem 1.1.2010 ist zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Leistungsorts und damit der Umsatzsteuerbarkeit anwaltlicher Dienstleistungen "über die Grenze" nach dem Leistungsempfänger (Privatperson oder Unternehmer) und dessen (Wohn-)Sitz zu unterscheiden. Je nach Fallgestaltung stellen sich Fragen in Bezug auf die Nachweispflichten des Rechtsanwalts und ihrer Vereinbarkeit mit der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht.
Vier typische Fallgestaltungen werden nachfolgend dargestellt:
I. Fallgruppe 1: Der Mandant ist eine Privatperson mit Wohnsitz im Drittlandgebiet
Der Mandant ist eine Privatperson mit Wohnsitz im Drittlandgebiet (z.B. USA, Schweiz) oder aber ein Unternehmer, der die Rechtsanwaltsleistung nicht für sein Unternehmen, sondern für sich als Privatperson bezieht.
Abweichend von der Grundregel, dass der Ort der sonstigen Leistung der Sitz des Leistungserbringers ist (§ 3a Abs. 1 UStG), wird die Rechtsanwaltsleistung gem. § 3a Abs. 4 S. 1, S. 2 Nr. 3 UstG am Ort des Leistungsempfängers erbracht, also nicht im Inland. Die sonstige Leistung ist nicht umsatzsteuerbar.
Folge:
Die Rechnung an den Mandanten erfolgt ohne Umsatzsteuerausweis.
Bei einer finanzamtlichen Prüfung muss der Rechtsanwalt nachweisen, dass der Auftraggeber eine Privatperson ist, die ihren Wohnsitz im Drittland hat.
Dieser Nachweis kann nur dadurch geführt werden, dass der Name des Auftraggebers angegeben wird und dessen Wohnsitz im Drittland jedenfalls zunächst glaubhaft gemacht wird.
Den Namen des Auftraggebers darf der Rechtsanwalt nur angeben, wenn ihn sein Auftraggeber insoweit von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, § 43a Abs. 2 BRAO) entbunden hat. Im Bedarfsfall muss auch ein plausibler Wohnsitznachweis geliefert werden (hierzu BFH, Urt. v. 19.5.2010 – XI R 6/09, DStRE 2010, 1260).
Darf mangels Befreiung von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht der Name des Auftraggebers nicht bekannt gegeben werden oder kann der Wohnsitznachweis nicht geführt werden, wird der Rechtsanwalt nach der Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG besteuert. Er hat dann die Umsatzsteuer nachzuentrichten. Dies gilt insbesondere, wenn er, wie notwendig, vor einer finanzamtlichen Prüfung die Namen sämtlicher Mandanten in seiner EDV-Buchhaltung unkenntlich macht, was nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes für den Normalfall erlaubt ist (BFH, Urt. v. 28.10.2009 – VIII R 78/05, DStR 2010, 326).
II. Fallgruppe 2: Der Mandant ist Unternehmer mit Sitz im Drittlandgebiet
Der Mandant ist ein Unternehmer, der die Rechtsanwaltsleistung für sein Unternehmen bezieht. Der Sitz bzw. die leistungsempfangende Betriebsstätte des Unternehmers liegen im Drittland, z.B. in den USA oder in der Schweiz.
Die Rechtsanwaltsleistung wird gem. § 3a Abs. 2 UStG im Drittland ausgeführt und ist damit im Inland nicht steuerbar.
Folge:
Die Rechnung an den Mandanten erfolgt ohne Umsatzsteuerausweis.
Bei einer finanzamtlichen Prüfung muss der Rechtsanwalt nachweisen, dass der Auftraggeber ein Unternehmer ist, seinen Sitz in einem Drittland hat oder die leistungsempfangende Betriebsstätte im Drittland liegt und dass die Rechtsanwaltsleistung für dessen Unternehmen erbracht worden ist.
Diesen Nachweis kann der Rechtsanwalt nur führen, wenn sein Auftraggeber ihn insoweit von der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, § 43a Abs. 2 BRAO) entbindet und damit die Mandatsbeziehung als solche und der Gegenstand der Beratung den Finanzbehörden mitgeteilt werden darf.
Der Rechtsanwalt sollte sich insoweit die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht schriftlich bestätigen lassen. Wird diese Bestätigung nicht erteilt, können die Voraussetzungen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht werden, die eine Rechtsanwaltsleistung abweichend von § 3a Abs. 1 UStG nicht steuerbar machen. Der Rechtsanwalt muss mit einer Nacherhebung der Umsatzsteuer rechnen. Dies gilt insbesondere, wenn der Rechtsanwalt vor einer finanzamtlichen Prüfung die Namen seiner Mandanten in der EDV-Buchhaltung unkenntlich macht, was nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes für den Normalfall zulässig ist (BFH, Urt. v. 28.10.2009, a.a.O.)
III. Fallgruppe 3: Der Mandant ist eine Privatperson mit Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet
Der Mandant ist ein Privatperson mit Wohnsitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet (z.B. Frankreich) oder ein Unternehmer mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet, der aber die Rechtsanwaltsleistung nicht für sein Unternehmen, sondern für sich als Privatperson bezieht.
Eine Ausnahmeregelung zu der Grundregelung des § 3a Abs. 1 UStG greift nicht ein, auch nicht diejenige des § 3a Abs. 4 S. 1 UStG, die lediglich für das Drittlandgebiet gilt. Ort der sonstigen Leistung ist somit derjenige Ort, von dem aus der Rechtsanwalt sein Unternehmen betreibt, bei kammerzugehörigen Rechtsanwälten regelmäßig das Inland. Es liegt eine im Inland ausgeführte sonstige Leistung gegen Entgelt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor,...