Nach § 109 Abs. 3 StVollzG n.F. stellt die Pflichtverteidigerbestellung den Regelfall dar (KG NStZ-RR 2015, 123 [Ls.] m. Anm. Neumann StRR 2015, 73). Im Vollstreckungsverfahren ist i.Ü. in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 S. 1 StPO dem Verurteilten ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder sonst ersichtlich ist, dass sich der Betroffene nicht selbst verteidigen kann. Das kann regelmäßig dann der Fall sein, wenn eine Entscheidung gem. § 57a StGB oder über den Beginn und die Fortdauer der Vollstreckung einer unbefristeten stationären Maßregel gem. §§ 63, 66 StGB ansteht. Ist dagegen allein über den (weiteren) Vollzug einer befristeten Strafe oder Maßregel zu befinden, so kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Beiordnung geboten sein. In anderen, weniger gewichtigen Fällen, in denen insbesondere auch nicht über die (längere) Vollstreckung von freiheitsentziehenden Rechtsfolgen zu entscheiden ist, wird eine Beiordnung eher fernliegen (KG, a.a.O.).
Droht dem Verurteilten nach einem Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung die Verbüßung einer fast zweijährigen Freiheitsstrafe, so ist ihm im Strafvollstreckungsverfahren jedenfalls dann ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn er unter Betreuung steht (LG Magdeburg, Beschl. v. 19.9.2014 – 21 Qs 68/14, StraFo 2015, 116 = StRR 2015, 3 [Ls.]; StRR 2015, 202 [Ls.]; vgl. auch noch LG Kiel, Beschl. v. 29.7.2014 – 2 Qs 41/14, StRR 2014, 322 zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren, wenn nach einem Bewährungswiderruf Freiheitsentzug von rund vier Jahren und drei Monaten zu vollstrecken ist). Im Verfahren über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ist dem Verurteilten ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn Gericht und Staatsanwaltschaft abweichende Rechtsauffassungen vertreten (LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 23.10.2014, StRR 2015, 183; AG Backnang, Beschl. v. 13.8.2014 – 2 BWL 90/11, StV 2015, 47 = StRR 2014, 363 [Ls.]; ähnlich wenn der Widerrufsgrund in zwei Instanzen unterschiedlich bewertet wurde) oder wenn es sich bei dem Verurteilten um einen Ausländer handelt (OLG Frankfurt/M. StV 2015, 229-230 = NStZ-RR 2015, 229).
Hinweis:
Im Maßregelvollstreckungsverfahren über die Fortdauer der Unterbringung (hier: in einer Entziehungsanstalt) ist dem Verurteilten in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 S. 1 StPO ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder die Entscheidung von besonders hohem Gewicht und ersichtlich ist, dass sich der Verurteilte nicht selbst verteidigen kann.
Die Mitwirkung eines Verteidigers ist dabei in entsprechender Anwendung der §§ 140 Abs. 2, 141 ff. StPO nicht in allen Fällen der Überprüfung gem. § 67d und § 67e StGB, sondern nur dann erforderlich, wenn insbesondere aufgrund von Besonderheiten oder Schwierigkeiten im Diagnose- und Prognosebereich es als evident erscheint, dass sich der Verurteilte angesichts seiner Erkrankung nicht selbst verteidigen kann, oder wenn sonst die Würdigung aller Umstände – wobei der Dauer der weiteren Freiheitsentziehung besonderes Gewicht zukommt – das Vorliegen eines schwerwiegenden Falls ergibt (OLG Braunschweig, Beschl. v. 18.12.2014 – 1 Ws 343/14, RuP 2015, 116; ähnlich OLG München StV 2015, 46).
Die Bestellung eines Verteidigers für das Vollstreckungsverfahren kann geboten sein, wenn eingeschränkte deutsche Sprachkenntnisse des Verurteilten mit einer erörterungswürdigen Rechtslage (Widerruf der Strafaussetzung ohne rechtskräftige Verurteilung hinsichtlich der Anlasstat für den Widerruf) zusammentreffen (OLG Hamm, Beschl. v. 9.12.2014 – 3 Ws 431/12).