Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft soll Konsequenzen für das Wettbewerbsrecht haben, dessen Bestimmungen in Zukunft auch auf sog. Startups ausgeweitet werden sollen. Das digitale Zeitalter stelle mit seinen rasanten technologischen Entwicklungen neue Herausforderungen auch an die Wettbewerbspolitik, begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß in dem Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BT-Drucks 18/10207). Außerdem werden mit der GWB-Novelle den wirtschaftlich bedrängten Presseverlagen kartellrechtliche Ausnahmen gewährt.
Zu den Herausforderungen durch das digitale Zeitalter heißt es, junge innovative Unternehmen, sog. Startups, könnten durch große etablierte Unternehmen übernommen werden, ohne dass eine Kontrolle durch Kartellbehörden stattfinde. Grund sei, dass die Fusionskontrolle nur Zusammenschlüsse von Unternehmen über einem gewissen Schwellenwert bei den Umsätzen erfasse. Viele Startups würden unterhalb dieser Werte bleiben. Dennoch können ihre Geschäftsideen aus der Sicht der Bundesregierung ein hohes Marktpotenzial und eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Erwerber haben; sie sieht bei solchen Übernahmen die Gefahr einer gesamtwirtschaftlich unerwünschten Marktbeherrschung oder erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs. Daher soll die Fusionskontrolle ausgeweitet werden und auch Fälle erfassen, in denen der Kaufpreis mit über 400 Mio. Euro besonders hoch ist, obwohl das erworbene Unternehmen keine oder nur geringe Umsätze vorweisen kann.
Für Kooperationen von Presseverlagen sollen Ausnahmen vom Kartellverbot geschaffen werden. Waren schon mit der 8. GWB-Novelle Fusionen erleichtert worden, so sollen jetzt Kooperationen im Anzeigen- und Werbegeschäft, beim Vertrieb, der Zustellung und der Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften einfacher möglich werden. "Der Rückgang insbesondere des Anzeigenaufkommens und der Werbeerlöse im Printbereich hält an, während Finanzierungsmodelle für Presseprodukte im Online-Bereich noch nicht durchgehend erfolgreich sind", begründet die Bundesregierung ihr Vorhaben.
Verbessert werden soll mit der 9. GWB-Novelle auch die Möglichkeit von Schadenersatzklagen von Verbrauchern und Unternehmen. Deren Ansprüche sollen effektiver durchgesetzt werden können, wenn sie durch einen Kartellverstoß einen Schaden erlitten haben. So wird der Zugang zu Beweismitteln für Geschädigte erleichtert und Verjährungsfristen werden verlängert.
Zudem soll eine Regelungslücke geschlossen werden. So hatte ein Fall Aufsehen erregt, in dem sich Kartellbeteiligte in einem Wurstkartell durch Umstrukturierungen in Unternehmen der Haftung für ein verhängtes Bußgeld in dreistelliger Millionenhöhe entziehen konnten. Mit dem Gesetzentwurf werden Konsequenzen gezogen. So sollen Geldbußen wegen Kartellrechtsverstößen künftig nicht nur gegen die handelnde Tochtergesellschaft, sondern auch gegen die lenkende Konzernmutter verhängt werden können. Bei Rechtsnachfolge oder wirtschaftlicher Nachfolge soll ein Bußgeld zudem auch gegen die nachfolgenden Unternehmen verhängt werden können.
[Quelle: Bundesregierung]