a) Allgemeine Grundsätze
Werden dem Franchisenehmer die Verkaufspreise vorgegeben, so liegt darin eine unzulässige (und damit verbotene) Preisbindung i.S.v. § 1 GWB. Möglich sind allerdings auch unverbindliche Verkaufspreisempfehlungen, wobei diese seit dem 1.7.2005 gem. § 1 GWB in Anpassung an das Europäische Kartellrecht auch für Dienstleistungen und Nichtmarkenwaren (und damit für das Warensortiment eines Franchise-Systems insgesamt) ausgesprochen werden können (allgemein zur Darstellung der Preispolitik bei Franchiseverträgen Flohr, Franchisevertrag, S. 193 ff. m.w.N.).
Allerdings ist es dem Franchisegeber gestattet, bei Verkaufsförderungsaktionen die Preise dem Franchisenehmer vorzuschreiben, d.h. hier eine Preisbindung zu vereinbaren, vorausgesetzt, die Verkaufsförderungsaktion bezieht sich nur auf einen kurzen Zeitraum sowie einige aus dem Sortiment des Franchisesystems hervorgehobene Produkte und beeinträchtigt ansonsten die Preishoheit des Franchisenehmers nicht spürbar. Dies war die Konsequenz der BGH-Entscheidung vom 8.4.2003 (GRUR 2003, 637 [Duplo-Riegel]), wobei nun die Vertikal-GVO (EU-VO 330/2010) ebenfalls solche Verkaufsförderungsaktionen mit gebundenen Preisen als kartellrechtlich zulässig ansieht. Damit sind seit dem 1.6.2010 für Franchise-Systeme EU-weite Verkaufsförderungsaktionen mit gebundenen Preisen unter den vorgenannten Voraussetzungen möglich.
In entsprechender Weise sind diese Grundsätze auf die Einführung neuer Produkte sowie neuer vom Franchisenehmer zu erbringender Dienstleistungen übertragbar. Auch Kalkulationshilfen zur gewinnorientierten Geschäftsführung können dem Franchisenehmer an die Hand gegeben werden, ohne dass darin eine gem. § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV unzulässige Preisbindung zu sehen ist (allgemein auch Metzlaff, Jahrbuch Franchising 2010, 260, 272 ff. m.w.N.).
b) Unzulässige Umgehungspreisempfehlung
Allerdings sind solche Preisempfehlungen auch dann als unzulässige Preisbindungen anzusehen, wenn auf die Franchisenehmer wirtschaftlicher Druck ausgeübt wird, um diese so zu veranlassen, die Produkte nur zu den unverbindlich vorgegebenen Preisen einzusetzen. Dann liegt eine sog. unzulässige Umgehungspreisempfehlung vor (so ausdrücklich BGH BB 1999, 860 [Sixt]).
c) Nachfragen des Franchisegebers bei unverbindlichen Preisempfehlungen
In der Praxis ist immer wieder festgestellt worden, dass Franchisegeber bzw. Mitarbeiter der Franchisezentrale Telefonate mit einem Franchisenehmer führen und dessen Preispolitik problematisieren, wenn festgestellt wird, dass die Verkaufspreise des Franchisenehmers von den unverbindlichen Verkaufspreisempfehlungen des Franchisegebers abweichen. Erfolgt ein solches Nachfragen oder nachträgliches Thematisieren oder Nachtelefonieren, so kann darin eine unzulässige Preisbindung i.S.v. § 1 GWB gesehen werden, wie der BGH mit Beschluss vom 16.11.2012 (ZVertriebsR 2013, 163 m. Anm. Metzlaff [Scout]) festgestellt hat.
Dies gilt erst recht dann, wenn ein Franchisenehmer durch Lieferverbote dazu angehalten werden soll, nur solche Verkaufspreise für seine Produkte zu verrechnen, die den unverbindlichen Verkaufspreisempfehlungen des Franchisegebers entsprechen. Dies kann dazu führen, dass gegenüber dem Franchisegeber wegen unzulässiger Preisbindung ein Bußgeld i.H.v. 6,5 Mio. Euro festgesetzt wird, wie der Beschluss des Bundeskartellamtes vom 31.7.2013 [Dr. Hauschka-Kosmetik/WALA Heilmittel GmbH] zeigt. In der Pressemitteilung des BKartA heißt es insoweit: "(...) WALA hat sein Vertriebssystem systematisch auf die strikte Einhaltung vorgegebener Endverbraucherpreise ausgerichtet und Druck auf die Händler ausgeübt um zu verhindern, dass sie die Preisempfehlungen des Herstellers unterschreiten. Anders als eine bloß unverbindliche Preisempfehlung – UVP – sind derartige Preisbindungen verboten, da sie den Wettbewerb zwischen den Händlern verhindern und damit dazu führen, dass Produktpreise künstlich überhöht sind. Auch das selektive Vertriebssystem über ausgewählte Händler diente der Durchsetzung der vertikalen Preisbindung. (...)"
Insofern bleibt es bei dem Grundsatz: Werden unverbindliche Verkaufspreisempfehlungen ausgesprochen, so obliegt es der Entscheidung des Franchisenehmers, ob er diese unverbindlichen Verkaufspreisempfehlungen als seine eigenen Verkaufspreise aufgrund der ihm zustehenden Preishoheit übernimmt oder davon abweichende Verkaufspreise festsetzt. Der Franchisegeber hat sich dazu jeglicher Einflussnahme zu enthalten.