In dem dem BVerfG-Beschluss vom 14.7.2016 (2 BvR 2474/14, StRR 10/2016, S. 8) zugrunde liegenden Verfahren führte die Staatsanwaltschaft zunächst wegen des Verdachts des Wohnungseinbruchsdiebstahls ein Ermittlungsverfahren gegen "Unbekannt". Nachdem die ermittelnde Kriminalinspektion Trier eine Tatortbesichtigung durchgeführt hatte und während sich das Ermittlungsverfahren noch gegen "Unbekannt" richtete, veranlasste die Polizei über ihre Pressestelle einen "Fahndungsaufruf" in der Tageszeitung "Trierischer Volksfreund". Der Artikel, der in der Online-Ausgabe der Zeitung bereits am 22.7.2014 und in der Printausgabe am 23.7.2014 veröffentlicht wurde, enthielt Informationen zu der Tat. Am 23.7.2014 meldete sich dann bei der Kriminalinspektion Trier ein unbekannter Anrufer. Dessen auf den (späteren) Beschuldigten zielenden anonymen Hinweis hielt die Kriminalpolizei am 24.7.2014 in einem Vermerk fest, wonach die unbekannte Person mitgeteilt habe: "Zum Tresor in der D.-straße können Sie sich Folgendes notieren: [es folgten Anschrift und Name des Beschuldigten]". Die Polizei notierte im Vermerk vom 24.7.2014 abschließend, dass der Beschuldigte bereits in erheblichem Umfang, auch "im Bereich der Eigentumskriminalität", in Erscheinung getreten sei. Auf Anregung der Polizei und entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das AG Trier am 30.7.2014 einen Durchsuchungsbeschluss. Zweck der Durchsuchung sollte das Auffinden von Beweismitteln, insbesondere des entwendeten Schmucks sein. Die Polizei hatte es bis zu diesem Zeitpunkt allerdings unterlassen, eine Information über den Fahndungsaufruf bzw. eine Kopie des Presseartikels zu den Akten zu nehmen. Die zuständige Staatsanwältin hatte nach ihren Angaben zum Zeitpunkt der Antragstellung von dem Fahndungsaufruf in der Zeitung keine Kenntnis. Das AG erließ den Durchsuchungsbeschluss.
Das BVerfG (a.a.O.) betont im Verfassungsbeschwerdeverfahren zunächst allgemein noch einmal die Anforderungen an den eine Durchsuchungsmaßnahme rechtfertigenden Anfangsverdacht. Der müsse auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen seien nicht ausreichend. Angaben anonymer Hinweisgeber sind als Verdachtsquelle zur Aufnahme weiterer Ermittlungen dabei nicht generell ausgeschlossen. Bei anonymen Anzeigen seien die Voraussetzungen des § 102 StPO im Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen des Beschuldigten wegen der erhöhten Gefahr und des nur schwer bewertbaren Risikos einer falschen Verdächtigung besonders sorgfältig zu prüfen (vgl. z.B. LG Offenburg StV 1997, 626 f.; LG Regensburg StV 2004, 198; LG Karlsruhe StraFo 2005, 420 f.; LG Bad Kreuznach StraFo 2015, 64 f.). Es betont zudem auch noch einmal den sog. Richtervorbehalt. Um eine ordnungsgemäße Prüfung durch den Richter sicherzustellen, sei es erforderlich, dass die Ermittlungsbehörden die Einhaltung des Grundsatzes der Aktenwahrheit und der Aktenvollständigkeit gewährleisten. Dazu seien auch die Staatsanwaltschaft und Polizei in besonderem Maße verpflichtet (vgl. §§ 163 Abs. 2 S. 1, 168b Abs. 1, 199 Abs. 2 S. 2 StPO). Da das Ermittlungsverfahren ein schriftliches Verfahren sei, müsse jedes mit der Sache befasste Ermittlungsorgan, auch das Gericht, wenn es im Vorverfahren oder im gerichtlichen Verfahren tätig werde, das bisherige Ergebnis des Verfahrens und seine Entwicklung erkennen können (Erb, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2007, § 168b Rn 1). Gegen die Pflicht war nach Auffassung des BVerfG verstoßen worden, da die Polizei es versäumt habe, bei Vorlage der Akten an die Staatsanwaltschaft (und über diese an die Ermittlungsrichterin) die Information weiterzugeben, dass sie am 22./23.7.2014 einen Fahndungsaufruf veröffentlicht hatte, in dem alle Informationen, die der anonyme Anrufer mitgeteilt habe, bereits enthalten waren.
Hinweis:
Die Ausführungen des BVerfG zur Aktenvollständigkeit sind lesenswert. Sie haben m.E. über die Fragen der Durchsuchung hinaus allgemeine Bedeutung.