Zum Jahresende 2015 lebten rund 7,6 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland; somit waren 9,3 % der gesamten Bevölkerung in Deutschland schwerbehindert ( www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Behinderte/BehinderteMenschen.htmlde ). Für diesen Personenkreis war die Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) Ende 2016 von besonderer Bedeutung, führt(e) es doch in zahlreichen Lebensbereichen zu teilweise signifikanten Änderungen.
Jedenfalls hatten sich die Regierungsparteien für die 18. Legislaturperiode das Ziel gesetzt, die Behindertenpolitik in Deutschland im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention weiter zu entwickeln. Es wurde daraufhin ein breit angelegter Beteiligungsprozess in die Wege geleitet, auch und gerade unter Einbeziehung der Menschen mit Behinderungen und ihrer Verbände. Aus diesem Prozess hervorgegangen ist ein umfangreiches, im Bundesgesetzblatt immerhin 106 Seiten und 26 Artikel umfassendes Gesetz (BGBl I 2016, S. 3234 ff.), das zum Teil erhebliche Änderungen in den betroffenen Sozialgesetzbüchern, insbesondere dem SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) und dem SGB XII (Sozialhilfe) mit sich gebracht hat bzw. noch bringen wird. Diese Differenzierung ist erforderlich, weil das Gesetz gestaffelt, angefangen vom Tag nach seiner Verkündung (am 23.12.2016) bis ins Jahr 2023 in Kraft getreten ist bzw. noch treten wird.
Teil 1 des SGB IX wird wie bisher das für alle Rehabilitationsträger geltende Teilhabe- und Verfahrensrecht umfassen; die durch das BTHG bedingten Veränderungen werden zum 1.1.2018 in Kraft treten. Die aus Sicht der Sozialhilfe erheblichste Veränderung wird erst im Jahr 2020 eintreten: die vollständige Herauslösung der Eingliederungshilfe (künftig: "Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen") aus dem SGB XII und ihre "Überführung" in einen Teil 2 des SGB IX, das sich damit zu einem echten Leistungsgesetz verändern wird. Soweit Änderungen auch das bislang schon im SGB IX geregelte Recht der schwerbehinderten Menschen betreffen, sind diese bereits mit Wirkung zum 30.12.2016 in Kraft getreten. Zum 1.1.2018 werden die §§ 68 ff. SGB IX lediglich noch in einen Teil 3 des SGB IX (§§ 151 ff. SGB IX) "verschoben".
Ziel der gesetzlichen Änderungen im Schwerbehindertenrecht ist dessen Weiterentwicklung (BT-Drucks 18/9522) u.a. durch eine Stärkung der Schwerbehindertenvertretung und verbesserte Mitwirkungsmöglichkeiten in Werkstätten für behinderte Menschen. Die gesetzlichen Änderungen erstrecken sich dabei jedoch nicht ausschließlich auf die sozial- oder arbeitsrechtlich geprägte anwaltliche Beratungspraxis, sondern können in unterschiedlichsten Fallkonstellationen von Bedeutung werden.
Hinweis:
Der vorliegende Beitrag ist begrenzt auf eine Darstellung derjenigen Regelungen im Recht der schwerbehinderten Menschen, die "im Windschatten" der großen Reform beinahe unbemerkt bereits zum 1.1.2018 in Kraft treten. Weitere Beiträge werden sich mit dem Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen und dem künftigen Eingliederungshilferecht beschäftigen.