Der umfangreiche BGH-Beschluss vom 26.1.2017 (StB 26 und 28/14, NJW 2017, 2631) behandelt in erster Linie Fragen des nachträglichen Rechtsschutz gegen bereits erledigte verdeckte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus nach §§ 20g bis 20n BKAG. Insoweit – sagt der BGH (a.a.O.) – ist nicht der ordentliche, sondern ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Das gilt auch, wenn wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird und somit gem. § 20w Abs. 2 S. 2 BKAG die Benachrichtigung der von diesen Überwachungsmaßnahmen betroffenen Personen durch die Strafverfolgungsbehörde entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts durchzuführen ist.
In der Sache geht es dann zudem um die Verwertung der Ergebnisse von TKÜ-Maßnahmen, die vom BKA nach dem BKA-Gesetz durchgeführt worden waren. In dem Zusammenhang schildert der BGH (a.a.O.) das Vorgehen eines Amtsgerichts, das zumindest zu Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der aus Erkenntnissen der Überwachung der ISDN-Anschlüsse der Betreiber eines Internetcafés gem. § 20l BKAG geführt hat. Dieser Maßnahme lag nämlich aufgrund angenommenen Gefahrenverzugs zunächst nur eine Eilanordnung des Präsidenten des BKA vom 23.12.2010 zugrunde (§ 20l Abs. 3 S. 2 BKAG). Der Eilanordnung war um 15.05 Uhr ein Telefonat zwischen einem Beamten des BKA und dem für die Anordnung zuständigen Amtsrichter vorausgegangen, bei dem der Amtsrichter erklärt hatte, dass das AG Wiesbaden an diesem Tage "keine Anträge mehr annehmen würde. Der zuständige Richter sei heute damit nicht mehr zu erreichen" (Vermerk des BKA vom 23.12.2010).
Der BGH (a.a.O.) hatte hinsichtlich des Vorgehens des Beamten des BKA zwar keine rechtlichen Bedenken, soweit dieser zunächst abklärte, ob in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen mit einer gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung gerechnet werden könnte. Denn in die Bewertung des Gefahrenverzugs seitens der für den Erlass einer Eilanordnung zuständigen nichtrichterlichen Organe sei auch einzustellen, in welchem zeitlichen Rahmen mit einer Anordnung durch das Gericht zu rechnen wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.6.2015 – 2 BvR 2718/10 u.a., NJW 2015, 2787 = StRR 2015, 381, 270). Bedenken hat der BGH (a.a.O.) jedoch insoweit, als sich die Hintergründe für die Erklärung des Amtsrichters – etwa die Notwendigkeit, vorrangig andere bereits eingegangene Anträge auf Erlass von Anordnungen nach den §§ 20g ff. BKAG bearbeiten zu müssen – weder dem Vermerk des BKA vom 23.12.2010 noch der daraufhin ergangenen Eilanordnung entnehmen ließen. Diese verstehen sich nach Auffassung des BGH – abgesehen davon, dass die Entscheidung, ob Anträge der Ermittlungsbehörden "angenommen" werden, nicht der Disposition des Gerichts unterliegt – insbesondere angesichts der Uhrzeit des Telefonats auch nicht von selbst (zum Erfordernis der Dokumentation der den Gefahrenverzug begründenden Umstände vgl. etwa BGH wistra 2006, 311, 312). Das lässt nach Auffassung des BGH besorgen, dass seitens des AG eine richterliche Entscheidung aus sachwidrigen Erwägungen verweigert und diese Erklärung vom BKA ohne weiteres hingenommen worden ist. Der BGH (a.a.O.) hat dann allerdings die Frage, ob dies zur Rechtswidrigkeit der Eilanordnung führte, offen gelassen, weil die nach § 20l Abs. 3 S. 1, 3 BKAG erforderliche richterliche Entscheidung am 25.12.2010 nachgeholt worden war und relevante Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung erst danach gewonnen wurden.
Hinweis:
Eine Konstellation, die m.E. so oder ähnlich gar nicht so selten und unter dem Stichwort des "unwilligen Ermittlungsrichters" zu diskutieren ist. Es stellt sich nämlich in diesen oder ähnlichen Fällen die Frage, ob durch dessen (Ver-)Weigerung, sich mit der Sache zu befassen, ggf. die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden wieder auflebt mit der Folge, dass diese nun unter Inanspruchnahme von "Gefahr im Verzug" die Ermittlungsmaßnahmen anordnen können. Das hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 16.6.2015 (2 BvR 2718/10 u.a., NJW 2015, 2787 = StRR 2015, 381, 270) verneint. Es geht – für eine Durchsuchungsmaßnahme – davon aus, dass mit der Befassung des zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichters durch die Stellung eines Antrags auf Erlass einer Durchsuchungsanordnung und der dadurch eröffneten Möglichkeit präventiven Grundrechtsschutzes durch den Richter die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden endet. Die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden könne nur dann neu begründet werden, wenn nach der Befassung des Richters tatsächliche Umstände eintreten oder bekannt werden, die sich nicht aus dem Prozess der Prüfung und Entscheidung über diesen Antrag ergeben, und hierdurch die Gefahr eines Beweismittelverlusts in einer Weise begründet wird, die der Möglichkeit einer rechtzeitigen richterlichen Entscheidung entgegensteht (vgl. auch Burhoff, EV, Rn 1416 ff.).