Der Deutsche Juristinnenbund (djb) kritisiert in einer Stellungnahme vom Oktober dieses Jahres die Vorschläge des Koordinierungsausschusses Juristenausbildung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung. Diese würden Probleme nicht lösen, sondern selbst erhebliche Fehlentwicklungen auslösen.
Die Vorschläge des Koordinierungsausschusses zur Änderung der Juristenausbildung basieren auf einem Beschluss der Justizministerkonferenz vom Herbst des vergangenen Jahres. Sie sehen u.a. vor, die Note des Schwerpunktbereichsstudiums künftig nicht mehr zum Bestandteil der Examensnote zu machen. Vielmehr sollten beide künftig getrennt ausgewiesen werden. Zur Begründung seines Vorschlags verweist der Ausschuss zum einen auf die Uneinheitlichkeit der universitären Schwerpunktbereichsprüfungen. Zum anderen ist er der Auffassung, dass die Ausbildung im Bereich des Schwerpunkts zulasten der Vorbereitung auf die staatliche Pflichtfachprüfung gehe.
Dieser Argumentation widerspricht der djb. Pflichtfachstudium und Schwerpunktstudium stünden für unterschiedliche Ausbildungsziele, die für die juristische Qualifikation jedoch jeweils unentbehrlich seien. Während die staatliche Prüfung den Wissens- und Kompetenzerwerb in den grundlegenden Rechtsgebieten sowie die rechtswissenschaftliche Methodik der Fallbearbeitung in der Breite abprüfe, diene das Schwerpunktbereichsstudium nicht nur der interessengeleiteten Vertiefung des Fachwissens auch in Rechtsgebieten, die in der Praxis von größerer Bedeutung seien als in der Pflichtfachprüfung; es befähige die Studierenden auch zum wissenschaftlichen Arbeiten und ermögliche damit die vertiefte kritische Reflektion. Das Examenszeugnis der ersten juristischen Prüfung weise diese unterschiedlichen im Studium erworbenen und in der Prüfung nachgewiesenen Fertigkeiten und Kompetenzen aus. Es würde dem komplementären Charakter von Schwerpunktbereichsstudium und Pflichtfachstudium nicht gerecht, wenn die Note des Schwerpunktbereichsstudiums nicht mehr Bestandteil der Examensnote wäre.
Der djb fordert deshalb, die Veranstaltungen und Lernziele des Schwerpunktbereichsstudiums noch stärker darauf auszurichten, reflexive Kompetenzen für den kritischen Umgang mit dem Recht zu vermitteln. Das Heraustrennen der Schwerpunktbereichsnote aus der Examensnote hätte zur Folge, dass das Schwerpunktstudium in den Augen der Studierenden erheblich entwertet würde. Die in der rechtswissenschaftlichen Lehre ohnehin schon randständigen kritischen Perspektiven würden weiter marginalisiert. Insbesondere Rechtsfragen von Diskriminierung, Hierarchien und Ungleichheiten sowie Gender- und Diversity-Kompetenz seien jedoch juristische Kernkompetenzen. Sie seien flächendeckend als solche anzuerkennen und ihnen sei ein entsprechender Stellenwert einzuräumen.
Um den vom Koordinierungsausschuss formulierten Fehlentwicklungen zu begegnen, solle man vielmehr die Ausbildungsordnungen dahingehend vereinheitlichen, so dass Schwerpunktbereichs- und Pflichtfachprüfung nicht mehr in ein Konkurrenzverhältnis um die Ressourcen der Studierenden geraten. Dazu sei es unabdingbar, den Pflichtfachkatalog zu entschlacken. Mit Blick auf den curricularen Studienverlaufsplan seien Überschneidungen des Schwerpunktbereichsstudiums und der Examensvorbereitung zu vermeiden. Solche Überschneidungen gingen zulasten beider Bereiche. Sie würden überdies diejenigen Studierenden besonders belasten, die ihr Studium beispielsweise mit familiären Verpflichtungen vereinbaren müssen.
[Quelle: djb]