Die Regelung in § 11 Abs. 2 S. 2 RVG ist hinsichtlich der Form der Anhörung neutral. Deshalb kann die Anhörung in der Praxis auf unterschiedliche Weise erfolgen.
a) Grundsätzlich formlose Anhörung
Im Regelfall reicht eine formlose Anhörung aus (Hansens, in: Hansens/N. Schneider, Formularbuch Anwaltsvergütung im Zivilrecht, Teil 3 Rn 82; AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, 8. Aufl. 2017, § 11 Rn 176). Somit ist die Zustellung des Festsetzungsantrags nicht vorgeschrieben, sie ist jedoch in Zweifelsfällen vorzunehmen (AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 11 Rn 176; von Eicken/Dörndorfer, Die Kostenfestsetzung, 23. Aufl. 2018, I Rn 124 [die hierfür herangezogene Entscheidung des BVerfG NJW 2006, 2248 = FamRZ 2006, 763 betrifft allerdings die Zustellung im Klageverfahren nach § 495a ZPO]). Wird der Vergütungsfestsetzungsantrag dem Antragsgegner lediglich mit einfachem Brief übersandt, ist es nämlich unsicher, ob das gerichtliche Schreiben den Antragsgegner überhaupt erreicht hat und ihm damit das rechtliche Gehör ausreichend gewährt wurde (OLG Frankfurt JurBüro 1983, 1517).
b) Förmliche Zustellung
Die Frage, ob die Übersendung des Anhörungsschreibens mit einfachem Brief genügt oder eine förmliche Zustellung erforderlich ist, hat der mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren befasste Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) oder Rechtspfleger nach eigenem Ermessen zu entscheiden. Ist der Antragsgegner lediglich mit einfachem Brief angehört worden und kann unter dieser Anschrift der dann ergehende Vergütungsfestsetzungsbeschluss nicht zugestellt werden, so ist meist zu vermuten, dass das Anhörungsschreiben den Antragsgegner nicht erreicht hat. In einem solchen Fall muss deshalb zuvor die Anhörung – ggf. durch öffentliche Zustellung – wiederholt werden. Erst nach Ablauf der eingeräumten Stellungnahmefrist kann dann der Vergütungsfestsetzungsbeschluss zugestellt werden.
Dass eine förmliche Zustellung der Anhörung erforderlich ist, kann sich auch aus der Art des gerichtlichen Verfahrens, für das die Vergütung festgesetzt werden soll, ergeben. Insbesondere in asylrechtlichen Verfahren ändert sich die Anschrift des jeweiligen Klägers/Antragstellers recht häufig. Deshalb kann sich das Gericht nicht sicher sein, dass die in diesem Verfahren mitgeteilte Anschrift des späteren Antragsgegners auch noch in dem nachfolgenden Vergütungsfestsetzungsverfahren zutrifft. Auch ein großer zeitlicher Abstand zwischen der Beendigung des Ausgangsverfahrens und dem dann betriebenen Vergütungsfestsetzungsverfahren kann die Annahme rechtfertigen, die in den Akten vermerkte Anschrift des Antragsgegners sei nicht mehr aktuell. In einem solchen Fall muss sich der mit dem Vergütungsfestsetzungsantrag befasste Rechtspfleger oder UdG der Geschäftsstelle des Zugangs des Anhörungsschreibens versichern. Dabei bietet nur ein Nachweis der Zustellung verlässlich Auskunft. Somit muss das Gericht über eine Anschrift verfügen, an der dem jeweiligen Antragsgegner das Anhörungsschreiben übergeben (§ 177 ZPO) oder im Wege der Ersatzzustellung zugestellt werden kann (§§ 178, 180, 181 ZPO).
c) Öffentliche Zustellung
Ist die Anschrift des Antragsgegners unbekannt oder kann sie nicht ermittelt werden, hat die Anhörung des Antragsgegners im Wege der öffentlichen Zustellung zu erfolgen (OLG Hamburg JurBüro 1976, 60; LG Berlin NJW 1959, 1374; VG Hannover RVGreport 2018, 410 [Hansens]; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 23. Aufl., § 11 Rn 223; Bischof/Jungbauer, RVG, 8. Aufl. 2018, § 11 Rn 42; AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O., § 11 Rn 176; a.A. LG Bielefeld NJW 1960, 1817; 1961, 148).