In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob im Vergütungsfestsetzungsverfahren der Antragsteller – im Regelfall also der Rechtsanwalt – dem Gericht auch die aktuelle Anschrift des Antragsgegners mitteilen muss und ob er dann, wenn sich diese Anschrift als nicht mehr zutreffend erweist, hinsichtlich der aktuellen Anschrift eigene Ermittlungen anstellen muss. In der Praxis wird der den Vergütungsfestsetzungsantrag stellende Rechtsanwalt dem Gericht im eigenen Interesse die Anschrift mitteilen, die ihm selbst bekannt ist. Ist diese Anschrift jedoch nicht (mehr) zutreffend, stellt sich die Frage, ob der Rechtsanwalt die neue Anschrift des Antragsgegners selbst ermitteln muss.
a) Beibringungsgrundsatz
Bei dem Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG handelt es sich um ein Verfahren, das auf Betreiben des Antragstellers durchgeführt wird. Deshalb unterliegt dieses Verfahren dem Beibringungsgrundsatz. Nach diesem Grundsatz hat der Antragsteller die Tatsachen vorzutragen, aus denen er seinen Anspruch auf Vergütung herleitet. Dabei hat der Antragsteller auch glaubhaft zu machen, dass die geltend gemachten Gebühren und Auslagen angefallen sind. Dieser Beibringungsgrundsatz betrifft somit die anspruchsbegründenden Tatsachen. Zu diesen anspruchsbegründenden Tatsachen gehört jedoch nicht die aktuelle Anschrift des Antragsgegners (VG Hannover RVGreport 2018, 410 [Hansens]).
b) Ermittlungspflicht des Gerichts
Da die in § 11 Abs. 2 S. 2 RVG geregelte Anhörung des Antragsgegners Ausdruck der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 103 Abs. 1 GG auf rechtliches Gehör ist, obliegt die Anhörung dem Gericht. Somit hat das Gericht eine eigene Verpflichtung, die aktuelle Anschrift des Antragsgegners zu ermitteln (VG Hannover a.a.O.; OLG Hamburg MDR 1976, 324; LG Braunschweig Rpfleger 2012, 568 für die Zustellung im Zwangsversteigerungsverfahren). Dieser prozessualen Pflicht kann das mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren befasste Gericht nur genügen, wenn es die aktuelle Anschrift, unter der der Antragsgegner erreichbar ist, durch Einholung von Auskünften bei Behörden oder Privatpersonen oder durch Einsichtnahme in Register ermittelt oder zumindest entsprechende Ermittlungsversuche anstellt. Diese prozessuale Verpflichtung des Gerichts kann nach der zutreffenden Auffassung des VG Hannover (a.a.O.) nicht auf den Antragsteller verlagert werden. Denn das Gericht hat im Vergütungsfestsetzungsverfahren dem Antragsgegner die Möglichkeit zu einer vorherigen Stellungnahme auch dann offenzuhalten, wenn der Antragsteller die Anschrift des Antragsgegners nicht kennt (OLG Hamburg MDR 1976, 324).