a) Kündigung von Auszubildenden wegen Berufswechsels
Verträge über Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) enden nach Maßgabe von § 21 BBiG mit Ablauf der Ausbildungszeit oder vorzeitig, durch Bestehen der Abschlussprüfung. Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt stets mit der gesetzlichen Probezeit, die mindestens einen Monat betragen muss und höchstens vier Monate betragen darf (§ 20 BBiG). Der Berufsausbildungsvertrag kann nach der Probezeit nur unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 BBiG gekündigt werden:
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aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und |
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von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen, wenn sie
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die Berufsausbildung aufgeben oder |
b) |
sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen. |
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Das BAG hatte mit Urteil vom 22.2.2018 (6 AZR 50/17, NJW 2018, 2144; Baumgarten ArbRAktuell 2018, 227) über den Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach einer Berufswechselkündigung des Auszubildenden und Klägers zu entscheiden. Dieser kündigte mit Schreiben vom 4.1.2016 den bis zum 31.1.2019 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag zum 29.2.2016 mit der Begründung, er wolle wegen eines Berufswechsels die derzeitige Ausbildung aufgeben. Seine neue Berufsausbildung beginne am 1.3.2016. Die Beklagte informierte den Kläger wenige Tage später darüber, das Ausbildungsverhältnis ende gem. § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG vier Wochen nach Zugang der Kündigung und damit vorliegend bereits am 2.2.2016. Dementsprechend informierte sie die zuständige Industrie- und Handelskammer, die den Ausbildungsvertrag zum 2.2.2016 aus dem Verzeichnis der Ausbildungsverträge löschte. Der Kläger beantragte sodann mit Schreiben vom 26.1.2016 die Einleitung des Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss der zuständigen Industrie- und Handelskammer, § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG. Diese wies den Antrag zurück, da der Ausschuss nur für bestehende Ausbildungsverhältnisse zuständig sei. Der früheste Verhandlungstermin sei der 1.3.2016. Zu diesem Zeitpunkt bestehe das Ausbildungsverhältnis unstreitig nicht mehr. Die Klage des Auszubildenden auf Feststellung des Fortbestands des Ausbildungsverhältnisses bis zum 29.2.2016 hatte in allen Instanzen Erfolg.
Zunächst steht die unverzichtbare Prozessvoraussetzung (vgl. BAG, Urt. v. 13.4.1989 – 2 AZR 441/88 Rn 31 ff., NZA 1990, 395) der Durchführung einer Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss nach § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG nicht entgegen, da der Ausschuss die Durchführung des Verfahrens verweigert hatte, was dem Kläger nicht angelastet werden kann. In einem solchen Fall kann er deshalb unmittelbar Klage erheben, wie das BAG bereits früher entschieden hat (Schließung der Verhandlung durch den Ausschuss ohne Spruch: BAG, Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 845/13 Rn 25, NZA 2015, 741; zuvor bereits: BAG, Urt. v. 27.11.1991 – 2 AZR 263/91 Rn 21, NZA 1992, 506).
Das Kündigungsschreiben wahrte den besonderen Schriftformzwang des § 22 Abs. 3 BBiG, wonach die Kündigung in den Fällen des § 22 Abs. 2 BBiG schriftlich unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen muss. Dafür genügte die Angabe des Klägers, er wolle die Berufsausbildung aufgeben. Das BAG entscheidet ferner, der vorzeitigen Kündigung des Klägers stehe die Vorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG nicht entgegen. Diese Norm legt keine zwingende Kündigungsfrist fest, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden kann. Zwar ist die in dieser Bestimmung vorgesehene vierwöchige Kündigungsfrist gem. § 25 BBiG unabdingbar, darf also nicht durch Vereinbarungen zwischen den Parteien des Ausbildungsverhältnisses zu Lasten der Auszubildenden verlängert werden. Die Frist ist aber als Höchstkündigungsfrist nur einseitig zwingend. Deshalb dürfen die Auszubildenden bei einer Berufswechselkündigung das Ausbildungsverhältnis zu dem von ihnen beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung auch mit einer längeren als der gesetzlich normierten Frist von vier Wochen kündigen. Von dieser ihm rechtlich eröffneten Möglichkeit zu einer vorzeitigen Kündigung hat der Kläger vorliegend Gebrauch gemacht.
Unerheblich ist die Löschung des Ausbildungsvertrags aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse durch die Industrie- und Handelskammer im vorliegenden Fall. Zwar ist gem. § 35 Abs. 2 BBiG der eingetragene Vertrag zu löschen, wenn das Ausbildungsverhältnis vorzeitig aufgrund einer Berufsaufgabekündigung beendet wird. Diese Löschung wirkt sich jedoch auf die Wirksamkeit des Ausbildungsvertrags nicht aus.
b) Weiterbeschäftigung nach Bestehen der Abschlussprüfung
Nach der Vorschrift des § 24 BBiG gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt werden, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist. Der Eintritt dieser Fiktion setzt nicht nur voraus, dass der Auszubildende nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses weiterarbeitet, sondern grundsätzlich auch, dass dies mit Wissen des Ausbildenden geschieht. Dies folgt aus dem Wortlaut der Bestimmung ("werden Auszubildende (...) beschäftigt"), der nicht led...