Die Parteien stritten über die Pflicht des Beklagten, den Kläger wegen verspäteter Lohnzahlung von der Erstattung von Leistungen nach dem SGB II freizustellen (BAG, Urt. v. 17.1.2018 – 5 AZR 205/17, NZA 2018,784).
Der Kläger war bei dem Beklagten beschäftigt. Dieser zahlte den Lohn für April 2014 erst am 10.6.2014 und den für Mai 2014 erst am 14.7.2014. Auf Antrag des Klägers vom 2.6.2014 bewilligte ihm das zuständige Jobcenter am 10.7.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum Juli bis November 2014. Nachdem der Kläger die Nachzahlung des Lohns für Mai 2014 erhalten hatte, hob das Jobcenter im Juli 2014 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit für Mai 2014 die Bewilligung von Leistungen auf und verlangte vom Kläger die Erstattung von rund 535 EUR. Über die vom Kläger dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage zum SG ist noch nicht entschieden. Mit der arbeitsgerichtlichen Klage im August 2014 verlangt der Kläger von dem Beklagten Freistellung von der Erstattungsforderung des Jobcenters. Er vertrat die Auffassung, durch die Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II erleide er einen Vermögensschaden, den ihm der Beklagte wegen der verspäteten Lohnzahlung für Mai 2014 ersetzen müsse. Das LAG gab dem Begehren statt. Die von ihm zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg.
Entscheidungserheblich ist, ob dem Kläger ein Vermögensschaden entstanden ist. Dieser bemisst sich zunächst nach der Differenzhypothese durch Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne dieses Ereignis bestünde. Die Differenzhypothese ist aber nur Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein Schaden eingetreten ist. Sie muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden. Erforderlich ist eine wertende Überprüfung des zunächst gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes.
Im Falle des Verzugs des Arbeitgebers mit der Entgeltzahlung hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt und zugleich auf die aus dem Verzug herrührenden zusätzlichen Leistungen nach dem SGB II. Bei zeitlicher Kongruenz von Arbeitsentgelt und Sozialleistung geht der Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe der bezogenen Sozialleistung auf den Leistungsträger über, § 115 Abs. 1 SGB X. Bei zeitlicher Inkongruenz entfällt der Anspruch auf die Leistung nach dem SGB II rückwirkend, sofern der Arbeitnehmer wegen des nach Bewilligung der Sozialleistung zugeflossenen Arbeitsentgelts im Bezugszeitraum oder Teilen davon objektiv nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II war. Das BAG hält es auch unter Beachtung des Sozialstaatsprinzips für ausgeschlossen, eine berechtigte Rückforderung von SGB II-Leistungen wegen verspätet gezahlten Arbeitsentgelts als Schaden des Arbeitnehmers zu werten.