Seit 2016 schwirrt der neue Begriff Legal Tech durch den Anwaltsmarkt. Doch woher kommt der Begriff? Das Wort setzt sich aus "legal services" und "technology" zusammen und meint die Digitalisierung der juristischen Arbeit. Einzelne Arbeitsprozesse, aber auch Rechtsdienstleistungen, sollen vermehrt automatisiert ablaufen, um eine Effizienzsteigerung zu erzielen und somit auch Kosten einzusparen. In Zeiten des Kostendrucks und des Fachkräftemangels eigentlich ein guter Ansatz. Dennoch ist ein regelrechter Hype entstanden mit meist negativem Touch, als Existenzvernichter für Anwälte. Sogar der Deutsche Anwaltstag (DAT) 2017 befasste sich mit dem Thema "Innovationen und Legal Tech". Die Aufregung hat sich inzwischen ein wenig gelegt. Dennoch zeigen allein die Suchanfragen bei Google, wie sehr das Thema berührt. Mit Stand Mitte August 2019 zeigte Google bei Eingabe des Begriffs "Legal Tech" 1.730.000.000 Treffer an.
1. Definitionen
Diskutiert man mit der Anwaltschaft, stellt man schnell fest, dass Digitalisierung und Legal Tech verwechselt oder gleichgestellt werden. Daher muss man beide Begriffe genau definieren, um deutlich zu machen, was Legal Tech wirklich bedeutet. Das verwundert ein wenig, denn die Informationen dazu waren und sind zahlreich, auf allen Anwaltstagen, nicht zuletzt auf dem Anwaltszukunftskongress im Oktober 2019 (dazu www.anwaltszukunftskongress.de )
Digitalisierung bezeichnet die Überführung analoger Größen in abgestufte Werte mit dem Zweck sie elektronisch speichern zu können. Im weiteren Sinne wird mit dem Begriff der Wandel hin zum elektronisch gestützten Prozessen mittels Informationstechnik und Kommunikationstechnik bezeichnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet Digitalisierung einen Vorgang von der Erfassung, über die Aufbereitung bis hin zur Speicherung mit digitalen Speichermedien.
Praxistipp:
Das hört sich sehr neu an, jedoch ist es Realität, dass Anwälte ihre Dokumente schon lange elektronisch speichern, Nachrichten per E-Mail, also elektronisch, versenden, Diktiersysteme verwenden usw. Schleichend hat sich hier die Digitalisierung in den Anwaltsbüros etabliert.
Legal Tech hingegen ist etwas anderes, nämlich die Nutzung von Technologien im Bereich des Rechts, also Nutzung von Tools, Apps, Software zur Darstellung von Rechtsberatung und Onlinedurchführung von Rechtsberatung. Legal Tech im weiteren Sinne umfasst daher fast alles, was von anlogen zu (teil-)digitalen Prozessen umgehoben wird. Bei Legal Tech im engeren Sinne ist der Einsatz von Software gemeint, also:
- Programme, die Rechtsdienstleistungen online zugänglich machen,
- Gerichtsurteile auswerten,
- Rechtsfragen standardisieren,
- juristische Prozesse vereinfachen,
- Rechtsanwälten bei ihrer Arbeit durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning helfen.
Wo Legal Tech anfängt ist nicht klar definiert. Daher wird aus Angst um den eigenen Berufsstand auch von einem disruptiven Geschäftsmodell gesprochen. Schwarzseher meinen daher, der Anwalt würde künftig überflüssig. Diese pessimistische Sicht ist nicht angebracht, wenn man sich mit den einzelnen Kategorien näher beschäftigt. Denn Legal Tech kann man in verschiedene Kategorien unterteilen. Die zunächst gröbste Unterscheidung ist der Empfänger des Legal Tech-Produkts, entweder der Bürger oder der Anwalt.
2. Angebote für den Bürger
Die Angebote für den Bürger erschöpfen sich zumeist in der Vermittlung von Kanzleien über Online-Portale oder automatisierte Rechtsberatung. Beide werden im Folgenden dargestellt.
a) Vermittlungsportale
Anwaltsverzeichnisse, die im Internet zu finden sind, fungieren als Legal-Tech-Plattformen. Anwälte und Mandanten werden dort zusammengeführt. Zielgruppe dieser Portale sind i.d.R. Verbraucher, also der Bürger, der auf der Suche nach rechtlicher Beratung ist und einen Anwalt benötigt. Die Anwaltsverzeichnisse bieten dem Anwalt meist gegen Gebühr die Möglichkeit sich und sein Tätigkeitsfeld online zu präsentieren und – entsprechende Optimierung vorausgesetzt – auch in Suchmaschinen präsent zu sein. Letztlich sind solche Anwaltsverzeichnisse die neuen "digitalen gelben Seiten". Die Darstellung in solchen Verzeichnissen geben jedoch weit mehr Informationen über die Kanzlei preis als der bloße Eintrag der Kontaktdaten in einem Telefonbuch. Dies gilt insb., wenn das Portal auf die Homepage der Kanzlei verlinkt. Beispiele für solche Portale sind u.a.:
Dieser Markt ist ständig im Umbruch: Neue Portale entstehen, andere Portale werden wiedereingestellt. Diese Marktbewegung gilt es aus Sicht der Anwaltskanzleien zu beobachten, denn er spiegelt zugleich das Bedürfnis der Bürger nach Online-Angeboten. Das wichtigste Marketinginstrument der Anwaltschaft ist es deshalb, sich als anwaltlicher Berufsträger/Kanzlei in einem solchen Portal zu präsentieren.
b) Automatisierte Rechtsberatung
Die Kategorie mit den zahlenmäßig häufigsten Legal-Tech-Anwendungen ist die der automatisierten Rechtsberatungsprodukte. Diese wenden ...