a) Wahrung der Menschenwürde
Die zentralen Anforderungen für die Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende ergeben sich aus der grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG). Allerdings verfügt der Gesetzgeber bei den Regeln zur Sicherung dieses Existenzminimums – hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen – über einen Gestaltungsspielraum. Gleichwohl muss seine Entscheidung an dem konkreten Bedarf der Hilfebedürftigen ausgerichtet und die Anforderungen, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, dürfen im Ergebnis nicht verfehlt werden. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle durch das BVerfG.
Die Menschenwürde ist ohne Rücksicht auf Eigenschaften des sozialen Status, wie auch ohne Rücksicht auf Leistungen garantiert; sie muss nicht erarbeitet werden, sondern steht jedem Menschen von sich aus zu. Die eigenständige Existenzsicherung ist nicht Bedingung für die Gewähr von Menschenwürde; die Voraussetzungen für ein eigenverantwortliches Leben zu schaffen, ist vielmehr Teil des Schutzauftrags des Staats aus Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG.
b) Nachranggrundsatz: Auch hinsichtlich der Verpflichtung, an der Überwindung der Hilfebedürftigkeit aktiv mitzuwirken
Das Grundgesetz verwehrt dem Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht, die Inanspruchnahme sozialer Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz an den Nachranggrundsatz zu binden, solche Leistungen also nur dann zu gewähren, wenn Menschen ihre Existenz nicht selbst sichern können. Der Nachranggrundsatz umfasst zunächst die Pflicht zum vorrangigen Einsatz aktuell verfügbarer Mittel aus Einkommen, Vermögen oder Zuwendungen Dritter (s. etwa § 9 Abs. 1 SGB II). Mit dem Grundgesetz ist jedoch auch eine gesetzgeberische Entscheidung vereinbar, von denjenigen, die staatliche Leistungen der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen, zu verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen.
Mitwirkungspflichten beschränken allerdings – ungeachtet eventuell damit verbundener Sanktionen – die Handlungsfreiheit der Betroffenen und bedürfen verfassungsrechtlicher Rechtfertigung. Verfolgt der Gesetzgeber mit Mitwirkungspflichten das legitime Ziel, dass Menschen die eigene Hilfebedürftigkeit insb. durch Erwerbsarbeit vermeiden oder überwinden, müssen sie den an diesem Ziel ausgerichteten Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen, also dafür geeignet, erforderlich und zumutbar sein.
c) Spannungsverhältnis zwischen Sanktionen und Existenzsicherungspflicht
Das Gericht beanstandet zwar grds. nicht die Entscheidung des Gesetzgebers, für den Fall, dass Menschen eine ihnen klar benannte und zumutbare Mitwirkungspflicht ohne wichtigen Grund nicht erfüllen, auch belastende Sanktionen vorzusehen, um so ihre Mitwirkung an der Überwindung der eigenen Hilfebedürftigkeit durchzusetzen.
Wird die Verletzung einer Mitwirkungspflicht durch eine Minderung existenzsichernder Leistungen sanktioniert, kann dies mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz vereinbar sein, wenn die Minderung nicht darauf ausgerichtet ist, repressiv Fehlverhalten zu ahnden, sondern darauf, dass Mitwirkungspflichten erfüllt werden, die gerade dazu dienen, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden. Die Leistungsminderung wie auch die Pflicht, die mit ihr durchgesetzt werden soll, dienen dann dazu, so das BVerfG, den existenznotwendigen Bedarf auf längere Sicht nicht mehr durch staatliche Leistung, sondern durch Eigenleistung der Betroffenen zu decken.
Allerdings hebt das Gericht hervor, dass strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit gelten müssen, da die Minderung existenzsichernder Leistungen in diesem Fall in einem unübersehbaren Spannungsverhältnis zur Existenzsicherungspflicht steht. Derartige Leistungsminderungen sind nur verhältnismäßig, wenn die Belastungen der Betroffenen auch im rechten Verhältnis zur tatsächlichen Erreichung des legitimen Ziels stehen, die Bedürftigkeit zu überwinden, also eine menschenwürdige Existenz insb. durch Erwerbsarbeit eigenständig zu sichern. Ihre Zumutbarkeit richtet sich vor allem danach, ob die Leistungsminderung unter Berücksichtigung ihrer Eignung zur Erreichung dieses Zwecks und als mildestes, gleich geeignetes Mittel in einem angemessenen Verhältnis zur Belastung der Betroffenen steht. Die Anforderungen aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG sind nur dann gewahrt, wenn die durch Deckung des gesamten existenznotwendigen Bedarfs erforderlichen Leistungen für Bedürftige jedenfalls bereitstehen und es in ihrer eigenen Verantwortung liegt, in zumutbarer Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistungen auch nach einer Minderung wieder zu erhalten. Der sonst bestehende Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers ist hier beschränkt, er ist enger, wenn er auf existenzsichernde Leistungen zugreift. Soweit er sich auf Prognosen über tatsächliche Entwicklungen und insb. über die Wirkungen seiner Regelung stützt, müssen diese hinreichend verlässlich sein. Je länger eine ...