a) Anfangsverdacht bei der Durchsuchung
Zu Fragen der Anordnung von Durchsuchung und/oder Beschlagnahme muss der Bundesgerichtshof (BGH) so häufig nicht Stellung nehmen. Man liest zu den Fragen eher etwas vom BVerfG (vgl. dazu eingehend Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl., 2019, Rn 1567 ff. m.w.N. aus der Rspr. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]). Im Beschl. v. 26.6.2019 (StB 10/19, NStZ-RR 2019, 282 f.) hat der BGH dazu nun aber mal wieder Stellung genommen.
Nach dem Sachverhalt hatte sich ein Zeuge mit (vagen) Angaben beim Verfassungsschutz gemeldet. Aufgrund dieser Angaben und einiger weiterer Ermittlungsergebnisse hatte der Generalbundesanwalt (GBA) gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung einer und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung eingeleitet. In dem Verfahren erging eine Durchsuchungsanordnung. Bei der daraufhin durchgeführten Durchsuchung konnten Beweismittel, die den Tatverdacht hätten erhärten können, nicht gefunden werden. Der Beschuldigte hatte gegen die Durchsuchungsanordnung Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Durchsuchung habe mangels Anfangsverdachts nicht angeordnet werden dürfen und sei angesichts des geringen Verdachtsgrads unverhältnismäßig. Der Ermittlungsrichter beim BGH hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) war die Beschwerde unbegründet. Für eine regelmäßig in einem frühen Ermittlungsstadium in Betracht kommende Durchsuchung beim Verdächtigen genüge der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sei und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht komme. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedürfe es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht. Einen solchen (ausreichenden) Verdacht könnten allein die Angaben eines Zeugen auch dann begründen, wenn dieser durch weitere Ermittlungen weder erhärtet noch entkräftet werde und Anlass dafür bestehe, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen kritisch zu hinterfragen. Die Durchsuchungsmaßnahme ermögliche gerade, die Qualität der Angaben des Zeugen zu überprüfen, und könne neben der Belastung auch zur Entlastung des Verdächtigen beitragen. Hier sei in Anbetracht der sonstigen Ermittlungsergebnisse nicht von einer augenscheinlichen Falschbelastung auszugehen gewesen, so dass die Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen deren Beweiswert nicht vollständig hätten beseitigen können. Es sei in diesem Verfahrensstadium weder tatsächlich möglich noch rechtlich geboten gewesen, die Aussage des Zeugen einer weitergehenden individuellen Glaubhaftigkeitsanalyse zu unterziehen. Nach dem Inhalt der Aussage des Zeugen hätten zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tat gem. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgelegen. Auch die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnung sei nicht zweifelhaft.
Hinweis:
Der BGH geht m.E. recht weit, wenn er die Anordnung einer Durchsuchung aufgrund letztlich doch recht vager Angaben eines Zeugen als zulässig ansieht, wenn durch das Ergebnis der Durchsuchung die mangelnde Qualität einer Zeugenaussage möglicherweise kompensiert oder offengelegt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG darf die Durchsuchung gerade nicht (erst) zur Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts führen (vgl. die Nachweise bei Burhoff, EV, Rn 1588), sondern sie setzt den Tatverdacht bereits voraus. Da hilft es m.E. auch nicht, wenn der BGH ausführt, die Durchsuchung könne gerade auch dazu dienen, die Qualität der Angaben eines Zeugen zu überprüfen und neben der Belastung auch zur Entlastung des Beschuldigten beitragen. Wegen dieser Bedenken wird man die Entscheidung des BGH kaum verallgemeinern dürfen, zumal der BGH sehr am Einzelfall argumentiert.
b) Auffindeverdacht bei der Durchsuchung
Ein Beschluss des VerfGH Sachsen vom 1.8.2019 (Vf. 39-IV-19, StRR 10/2019, 2 [Ls.]) hat zum sog. Auffindeverdacht Stellung genommen. Hintergrund des Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist ein bei der StA Leipzig gegen die als Rechtsanwältin tätige Beschuldigte geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Diebstahls bzw. der Unterschlagung. Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine Strafanzeige des ehemaligen Kanzleipartners Z. der Beschuldigten vom 14.12.2017. Dieser gab an, im Zuge der Auseinandersetzung der Partnerschaftsgesellschaft bemühten sich sowohl die Beschuldigte als auch die Partner W. und Z., die ihrerseits weiter zusammenarbeiten wollten, bei bestehenden Mandanten um Folgebeauftragung, wozu entsprechende Vollmachten erteilt worden seien. Am Morgen des 14.12.2017 sei das Verschwinden verschiedener Unterlagen von Mandanten, die bereits neue Vollmachten für W. und Z. erteilt hätten, aus dem gemeinsamen Büro festgestellt worden. Diese Unterlagen seien am Vortag noch vollständig vorhanden gewesen. Einbruchss...