Zusammenfassung
Hinweis:
Teil 1 (Einleitung; Entwicklung; Leistungen/Leistungsberechtigungen im Überblick) und Teil 2 (Leistungsinhalte) des Beitrags sind in ZAP 21/2020, F. 18 S. 1779 ff. sowie in ZAP 22/2020, F. 18 S. 1785 ff. abgedruckt. Der nachstehende Teil 3 bildet den Abschluss dieses Beitrags „Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende”.
Paragraphen ohne Bezeichnung sind solche des SGB II.
III. Leistungen/Leistungsberechtigung im Überblick (Fortsetzung Teil 2)
4. Sanktionen (§§ 31 ff.)
Die Vorschriften der §§ 31 ff. konkretisieren den gesetzlich verankerten Grundsatz des Forderns, wonach erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen müssen (§ 2 Abs. 1 S. 1). Ferner müssen erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insb. eine Eingliederungsvereinbarung abschließen und, wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, eine ihnen angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit übernehmen (§ 2 Abs. 1 S. 2 und 3). Das BVerfG hat allerdings mit Urt. v. 5.11.2019 – 1 BvL 7/16 (NJW 2019, 3703, s. auch Sartorius ZAP F. 18, S. 1699 ff.) Teile des bisherigen Sanktionsrechts für mit der Verfassung unvereinbar erklärt und bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber eine Übergangsregelung angeordnet.
a) Frühere Rechtslage (bis 5.11.2019)
Eine Minderung der SGB II-Leistungen (bei mehrfacher Pflichtverletzung bis zu ihrem vollständigen Wegfall, einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung) erfolgte zunächst zwingend, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis gegen eine der in § 31 Abs. 1, S. 1, Abs. 2 genannten Pflichten verstoßen und für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund darlegen und nachweisen können (§ 31 Abs. 1 S. 2). Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, statuiert § 31a Abs. 2 S. 1 u. 2 eine härtere Sanktionierung. Eine Härteregelung für Ausnahmefälle sieht das Gesetz bisher nicht vor. Die nach ihrer Art und Zahl gestaffelten Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung (Minderung um 30 % bzw. 60 % oder Wegfall der SGB II-Leistungen) ergeben sich hinsichtlich der Höhe aus § 31a SGB II, wegen Beginn und Dauer aus § 31b. Die Dauer der Minderung beträgt nach § 31b Abs. 1 S. 3 zwingend drei Monate, lediglich bei unter 25-Jährigen kann unter den Voraussetzungen von Abs. 1 S. 4 der Vorschrift die Minderung auf sechs Wochen verkürzt werden. Für den Fall einer Minderung um mehr als 30 % sind in § 31a Abs. 3 gewisse Sicherungsmechanismen vorgesehen (ergänzende Sach- oder geldwerte Leistungen und Direktüberweisung der Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Vermieter).
Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft (s. § 7 Abs. 3) leben und Sozialgeld beziehen, gilt § 31a Abs. 1 u. 3 entsprechend, wenn Pflichtverletzungen nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 vorliegen (§ 31a Abs. 4).
Eine Sanktion bei Meldeversäumnissen ordnet § 32 an, wobei die Vorschrift sich auch an nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte richtet. Die Umsetzung der Sanktionen (Beginn und Dauer der Minderung) erfolgt in entsprechender Anwendung des § 31b.
b) Übergangsregelung gemäß dem Urteil des BVerfG v. 5.11.2019 – 1 BvL 7/16
Die Leistungsminderung i.H.v. 30 % nach § 31a Abs. 1 S. 1 ist mit der Maßgabe anwendbar, dass eine Sanktionierung nicht erfolgen muss, wenn dies im Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Insbesondere kann von einer Minderung abgesehen werden, wenn nach Einschätzung der Behörde die Zwecke des Gesetzes nur erreicht werden können, indem eine Sanktion unterbleibt.
Die gesetzlichen Regelungen zur Leistungsminderung um 60 % sowie zum vollständigen Leistungsentzug (§ 31a Abs. 1 S. 2 u. 3) sind mit der Maßgabe anwendbar, dass wegen wiederholter Pflichtverletzung eine Leistungsminderung nicht über 30 % des maßgebenden Regelbedarfs hinausgehen darf und von einer Sanktionierung auch hier abgesehen werden kann, wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Insbesondere kann auch hier von einer Minderung abgesehen werden, wenn nach Einschätzung der Behörde die Zwecke des Gesetzes nur erreicht werden können, indem eine Sanktion unterbleibt.
§ 31b Abs. 1 S. 3 zur zwingenden dreimonatigen Dauer des Leistungsentzugs ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Behörde die Leistung wieder erbringen kann, sobald die Mitwirkungspflicht erfüllt wird oder Leistungsberechtigte sich ernsthaft und nachhaltig bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen. Die Minderung darf ab diesem Zeitpunkt nicht länger als einen Monat andauern.
Hinweis:
Über die Verfassungswidrigkeit der verschärften Sanktionierung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 31a Abs. 2), hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Da nach dieser Vorschrift bereits beim ersten Pflichtverstoß eine Beschränkung des Alg II auf die Bedarfe für Unterkunft ...