Für den Begriff des erheblichen Nachteils reicht es nicht aus, dass der Vermieter die intendierte Verwertungsmaßnahme nicht umsetzen kann, vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, namentlich wirtschaftliche Nachteile jeglicher Art. Ebenso berücksichtigt werden müssen auch etwaige persönlichen Nachteile des Vermieters, wobei jeweils nur die die berechtigten Interessen des Vermieters und nicht auf Dritte Personen abzustellen ist, auch wenn diese enge persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen zum Vermieter haben (BGH, Urt. v. 27.9.2017 – VIII ZR 243/16, NZM 2017, 756).
Früher wurde vielfach die Auffassung vertreten, dass bei Feststellung eines Nachteils zu berücksichtigen sei, ob der Vermieter das Grundstück bereits in vermietetem Zustand erworben habe, sodass nicht die Verkaufspreise in vermietetem und unvermietetem Zustand gegenübergestellt werden könnten (LG München I, Urt. v. 18.12.1991 – 14 S 7785/91, NJW-RR 1992, 520). Nach der neueren Rechtsprechung des BGH kann an dieser Auffassung nicht mehr festgehalten werden. Nach dem Urteil des BGH vom 28.1.2009 (VIII ZR 8/18, NJW 2009, 1200) ist allgemein davon auszugehen, dass der Wechsel in der Eigentümer- bzw. Vermieterposition keine Auswirkungen auf die Kündigungsvoraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB hat. Sinn und Zweck von § 566 BGB ist es nur, keine Verschlechterung der Rechtsstellung des Mieters durch einen Eigentümerwechsel sicher zu stellen, nicht aber dessen Rechtsstellung zu verbessern (zu Recht Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2021, § 573 BGB Rn 162). Als Folge gilt, dass eine Verwertungskündigung des neuen Eigentümers sogar dann möglich bleibt, wenn dieser von vornherein das Ziel hatte, das Mietobjekt nach dem Kauf „frei zu kündigen” und anschließend abzureißen (BGH, Urt. v. 27.9.2017 – VIII ZR 243/16, NZM 2017, 756).
Merke:
Für den besonders praxisrelevanten Fall der geplanten Veräußerung des vermieteten Anwesens durch den Vermieter reicht es aus, wenn das Haus oder die Wohnung nur einem erheblichen Abschlag von dem sonst erzielbaren Preis verkauft werden könnte, ohne dass eine tatsächliche Existenznot des Eigentümers vorliegen muss (BVerfGE, Beschl. v. 12.11.2003 – 1 BvR 1424/02, NZM 2004, 134; BGH, Beschl. v. 8.6.2011 – VIII ZR 226/09, NZM 2011, 773). Für den maßgeblichen wirtschaftlichen Nachteil des Vermieters ist nicht auf abstrakte Wertverhältnisse, sondern auf die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Vermieters abzustellen (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 BGB Rn 172 und Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2021, § 573 BGB Rn 168, jeweils m.w.N. auch zu konkreten Einzelfällen aus der Rechtsprechung).
Ob eine geplante Verwertung im Einzelfall einen erheblichen Einzelfall darstellt oder nicht, kann immer nur nach einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden, wobei für die anwaltliche Praxis unbedingt zu beachten ist, dass diese vom Tatrichter vorzunehmende Abwägung aller Einzelfallumstände nur sehr eingeschränkt i.R.d. Berufung gerügt werden kann (vgl. Staudinger/Rolfs, Neubearbeitung 2021, § 573 BGB Rn 170, der zu Recht wegen der vielen Unwägbarkeiten und notwendigen Wertungen von einer Vorschrift spricht, die in der Praxis häufig nur mit unbefriedigenden Ergebnissen zu handhaben sei).