Die mit § 229 StPO, also der Unterbrechung der Hauptverhandlung zusammenhängenden Fragen (vgl. dazu a. oben I., 2.) spielen in der Praxis eine erhebliche Rolle. Meist geht es dabei um die Frage, ob die Hauptverhandlung nach einer Unterbrechung rechtzeitig wieder fortgesetzt worden und somit die in § 229 Abs. 2 und 3 StPO normierten Fist eingehalten worden ist. Das hängt davon ab, ob eine „Sachverhandlung” i.S.d. § 229 StPO stattgefunden hat. Zu der Frage hat jetzt der BGH noch einmal Stellung genommen (vgl. BGH, Beschl. v. 3.8.2022 – 5 StR 47/22).
Die Angeklagten hatten mit ihrer Verfahrensrüge gegen das gegen sie ergangene Urteil eine Verletzung von § 229 Abs. 1 und 4 StPO geltend gemacht, weil in einem Hauptverhandlungstermin vom 27.11.2020 nicht verhandelt worden sei. Zu deren Begründung hatten sie folgendes Verfahrensgeschehen vorgetragen: Der Hauptverhandlungstermin am 27.11.2020 begann um 9 Uhr. Zu Beginn teilte der Mitangeklagte F. der Strafkammer seine neue Wohnanschrift mit. Anschließend ordnete die Vorsitzende die Fortsetzung der Vernehmung des vor dem Sitzungssaal wartenden Zeugen S. an. Bevor diese begonnen werden konnte, wurden auf Initiative eines Verteidigers der Inhalt bereits gestellter Ablehnungsgesuche sowie die Frage erörtert, inwieweit Mitangeklagte sich den entsprechenden Anträgen angeschlossen haben. Währenddessen wurde Feueralarm ausgelöst, weshalb das Gerichtsgebäude geräumt werden musste. Grund hierfür war ein Kabelbrand, der auch zu einem Stromausfall führte. Angesichts dessen regten mehrere Verteidiger die Vertagung der Hauptverhandlung an. Die Vorsitzende ordnete indes um 9.40 Uhr lediglich die Unterbrechung bis 11 Uhr an; anschließend sollte der Zeuge S. vernommen werden. Die Hauptverhandlung konnte allerdings an diesem Tag nicht wie beabsichtigt fortgesetzt werden, weil der Sitzungssaal im weiteren Verlauf durch die Feuerwehr, die den Brandherd in diesem Raum vermutete, gesperrt wurde und ein Ausweichsaal nicht verfügbar war. Die Vorsitzende erklärte die Hauptverhandlung an diesem Tag deswegen um 11.10 Uhr für beendet. Die Verfahrensbeteiligten wurden vor dem Sitzungssaal entlassen. Der nächste Hauptverhandlungstag fand am 11.12.2020 statt.
Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) sind die Revisionen unbegründet. Eine Hauptverhandlung gelte i.S.d. § 229 Abs. 4 S. 1 StPO als fortgesetzt und müsse demgemäß nicht ausgesetzt werden, wenn in einem Fortsetzungstermin zur Sache verhandelt werde. Das sei der Fall, wenn Prozesshandlungen vorgenommen werden oder Erörterungen zu Sach- oder Verfahrensfragen stattfinden, die geeignet sein, das Verfahren inhaltlich auf den Urteilsspruch hin zu fördern und die Sache ihrem Abschluss substanziell näher zu bringen (vgl. BGH StRR 7/2021, 13 = NStZ 2021, 381). Indes könne auch in der Befassung lediglich mit Verfahrensfragen eine Förderung des Verfahrens in der Sache liegen, wenn deren Ziel die Klärung sei, durch welche Untersuchungshandlungen der Aufklärung des Sachverhalts Fortgang gegeben werden könne. Dies gelte insb. dann, wenn die für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene sonstige Förderung des Verfahrens infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden könne. Denn es seien regelmäßig Situationen vorstellbar, in denen eine Hauptverhandlung aufgrund solcher Geschehnisse nur in wesentlich geringerem Umfang als geplant, möglicherweise sogar nur durch eine Entscheidung über die Unterbrechung des Verfahrens nach § 228 StPO gefördert werden könne (vgl. BGH StRR 3/2018, 17 = NStZ 2018, 297 f. m.w.N.).
Danach sei – so der BGH (Beschl. v. 3.8.2022 – 5 StR 47/22) – in der Sitzung vom 27.11.2020 zur Sache verhandelt worden. Die Hauptverhandlung habe an diesem Tag um 9 Uhr mit der Vernehmung eines Zeugen fortgesetzt werden sollen. Nur aufgrund einer auf einen Verteidiger zurückgehenden Erörterung bereits vorliegender Ablehnungsgesuche habe der Zeuge nicht unmittelbar nach Sitzungsbeginn vernommen werden können. Anders als von der Verteidigung erbeten, habe die Vorsitzende nach der infolge des Feueralarms angeordneten Räumung des Gerichtsgebäudes die Sitzung lediglich für eine Stunde und zwanzig Minuten unterbrochen, um anschließend die für diesen Verhandlungstag geplante Beweisaufnahme durchzuführen. Dass dies letztlich nicht möglich gewesen sei, habe nicht in der Macht der Strafkammer gelegen, sondern daran, dass die Feuerwehr den Sitzungsraum gesperrt und kein Ausweichsaal zur Verfügung gestanden habe. Unter diesen – unvorhersehbaren – Umständen habe die Strafsache ihrem Abschluss nur durch die Anordnung der Unterbrechung der Hauptverhandlung nach § 228 StPO substantiell nähergebracht werden können. Andernfalls hätte die Hauptverhandlung allein aufgrund eines unvorhersehbaren Ereignisses ausgesetzt und mit ihr von neuem begonnen werden müssen (§ 229 Abs. 4 S. 1 StPO). Dies stünde aber – so der BGH – weder mit der Verfahrensökonomie noch mit dem Anspruch des Angeklagten auf einen zügigen Abschluss des Verfahrens in Einklang (vgl. BGH StRR 3/2018, 17 = NS...