Zusammenfassung
Im ersten Halbjahr 2024 hat sich die Rspr. wieder mit diversen Problemstellungen des AGB-Rechts befasst (im Anschluss an Ring, ZAP 2024, 521 zur Entwicklung des AGB-Rechts 2023).
I. Bankverträge
1. Jahresentgelt-Klauseln in einem Bausparvertrag
Eine Klausel in einem Bausparvertrag, wonach für diesen in der Sparphase ein jährliches Entgelt zu bezahlen ist, genügt nach Ansicht des OLG Stuttgart (Urt. v. 28.3.2024 – 2 U 207/22) den Anforderungen an das Transparenzgebot, da mit ihr die Zahlungspflicht des Kunden unmissverständlich dargestellt wird. Die Klausel ist auch keine kontrollfreie Preisvereinbarung. Eine Inhaltskontrolle von AGB findet gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und §§ 308, 309 BGB nur insoweit statt, als eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung getroffen wird. Der Inhaltskontrolle entzogen sind hingegen Abreden, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder durch andere Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragspartnern festgelegt werden müssen. Damit scheiden als Prüfungsgegenstand u.a. Abreden aus, die Art und Umfang der vertraglichen Leistungspflichten unmittelbar regeln. Dies ist die Konsequenz aus dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit. Dieser umfasst das Recht der Parteien, den Preis für eine Ware oder Dienstleistung frei bestimmen zu können. Preisvereinbarungen für Hauptleistungen stellen deshalb im nicht preisregulierten Markt weder eine Abweichung noch eine Ergänzung von Rechtsvorschriften dar und unterliegen deshalb grds. nicht der Inhaltskontrolle (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.2009 – II ZR 93/09).
Die Klausel benachteiligt jedoch die Vertragspartner der beklagten Bausparkasse unangemessen, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht. Entgeltklauseln in AGB sind auch in der Ansparphase eines Bausparvertrags unwirksam, in denen der Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2022 – XI ZR 551/21).
Eine Klausel, gemäß der die Zustimmung des Bausparers zu bestimmten, in der Klausel definierten Änderungen als erteilt gilt, wenn dieser der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang einer Mitteilung über die Änderung widerspricht und bei Beginn der Frist auf die Bedeutung des unterlassenen Widerspruchs hingewiesen wurde, ist hingegen wirksam. Die Klausel ist nicht nach § 308 Nr. 5 BGB (fingierte Erklärungen) unwirksam, da die Bedingungen für den Eintritt der Zustimmungsfiktion den Wirksamkeitsvoraussetzungen nach Nr. 5 Buchst. a und b (angemessene Erklärungsfrist und Hinweispflicht) genügen.
2. Kündigungs- und Zinsanpassungsklausel in Prämiensparvertrag
Das BayObLG (Endurt. v. 26.2.2024 – MK 1/20) hat im Rahmen einer Wirksamkeitsprüfung einer Kündigungs- und Zinsanpassungsklausel festgestellt, dass diese in Prämiensparverträgen einer Sparkasse, nach der sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die Geschäftsbeziehung jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen können und die Sparkasse bei ihrer Kündigung den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen und nicht zur Unzeit kündigen wird (Nr. 26 Abs. 1 Spark-AGB in der vor Oktober 2015 geltenden Fassung), zwar intransparent i.S.d. Art. 5 Abs. 1 der RL 93/13 EWG ist, jedoch nicht aus diesem Grund missbräuchlich i.S.d. Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 der RL. Die Klausel, die Sparkasse zahle den „jeweils gültigen Zinssatz, zzt. ... %”, beinhaltet nach der gebotenen objektiven Auslegung die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes. Damit erhält die Sparkasse als Gegenleistung ein Zinsänderungsrecht, mit dem sie den Zinssatz durch einen Aushang in ihrem Kassenraum ändern kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2021 – XI ZR 461/20). Als Preisregelung unterliegt die Vereinbarung einer variablen Verzinsung, ebenso wie die Vereinbarung des anfänglichen Vertragszinses selbst, keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (BGH, Urt. v. 6.10.2021 – XI ZR 234/20).
Das in den Bedingungen für den Sparverkehr vorgesehene Zinsänderungsrecht der Sparkasse ist hingegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen und unwirksam. Da die Zinsänderungsklausel unwirksam ist, ist das darin enthaltene einseitige Leistungsbestimmungsrecht der Sparkasse (ersatzlos) weggefallen, weshalb die maßgeblichen Parameter der Zinsanpassung (u.a. der Referenzzinssatz, an den die Veränderung des Vertragszinses gebunden ist) vom Gericht im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß dem mutmaßlichen Parteiwillen zu bestimmen sind.
3. Zinsänderungsrecht einer Sparkasse
Das OLG Brandenburg (Urt. v. 27.3.2024 – 4 U 91/22) hat in Bezug auf die Bedingungen für den Sparverkehr einer Sparkasse, die neben einer Kündigungsfrist von drei Monaten Folgendes bestimmt:
Zitat
„3.1 Zinshöhe: Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die [Kreditinstitut] dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Geschäftsraum bekannt gegebenen Zinssatz. [...]” und „3.3 Zinskapitalisierung: Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die aufgelaufenen Zin...