Die Regelung in einer Betriebsvereinbarung, dass über zehn Stunden hinaus geleistete werktägliche Arbeitszeit einem Gleitzeitkonto nicht gutgeschrieben wird, ist rechtswirksam (BAG, Beschl. v. 10.12.2013 – 1 ABR 40/12, NZA 2014, 675).
Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden. Der anwendbare Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV) sieht in § 2 Nr. 1 (I) eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden vor und gem. § 4 Nr. 1 (I), dass auch die über zehn Stunden täglich hinaus geleistete Arbeitszeit als Mehrarbeit gilt, welche nach § 4 Nr. 1 (III) MTV zu vergüten ist, soweit sie angeordnet oder vom Arbeitgeber gebilligt wurde. Die Arbeitgeberin schloss mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit (BV-Arbeitszeit), nach der die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer auf Gleitzeitkonten bis +/- 150 Stunden erfasst werden, der Gleitzeitrahmen von Montag bis Freitag von jeweils 6:30 Uhr bis 21:00 Uhr beträgt sowie dass die werktägliche Arbeitszeit von zehn Stunden grundsätzlich nicht überschritten werden darf. Zeiten, die darüber hinaus geleistet werden, werden zwar im Zeiterfassungssystem protokolliert, aber dort systemseitig gekappt und dem Gleitzeitkonto der Betroffenen nicht gutgeschrieben. Eine solche Gutschrift erfolgt nur ausnahmsweise auf Nachweis, dass die verrichtete Arbeit einen Notfall im Sinne des Arbeitszeitgesetzes darstellt. Für den Ausgleich des Gleitzeitkontos ist jeder Arbeitnehmer selbst verantwortlich, ab einem Gleitzeitstand von +/- 100 Stunden Arbeitszeit kann die Führungskraft Ausgleich anordnen. Der Betriebsrat begehrt die gerichtliche Feststellung, der Rechtsunwirksamkeit.
Das BAG hält den Antrag des Betriebsrats für unbegründet. Die streitgegenständliche Regelung ist vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG gedeckt. Die Betriebsparteien regeln nach Wortlaut, Systematik und Zweck der BV-Arbeitszeit nur die Arbeitszeit, nicht die Vergütung. Es wird mit der Betriebsvereinbarung nur das auf dem jeweiligen Arbeitszeitkonto verfügbare Arbeitszeitvolumen begrenzt. Zweck der Reglung ist es erkennbar ein Arbeitszeitregime zu schaffen, dass einerseits den Arbeitnehmern ein hohes Maß an Zeitsouveränität gewährt und andererseits zugleich sicherstellt, dass die gesetzlichen Höchstgrenzen des Arbeitszeitrechts beachtet werden. Das entspricht dem Regelungsauftrag des § 87 Abs.1 Nr. 2 BetrVG, das Interesse der Arbeitnehmer an der Lage der Arbeitszeit und damit zugleich der freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren Zeit zur Geltung zu bringen.
Hinweise:
- Die Entscheidung trennt zwischen Kollektivrecht und Individualrecht. Die Betriebsvereinbarung regelt allein die Arbeitszeit und deren wünschenswerte, gesetzeskonforme Erbringung. Für die Vergütung verbleibt es bei den allgemeinen individualrechtlichen Regelungen. Soweit Arbeitszeit über das in der Betriebsvereinbarung geregelte Maß hinaus, ggf. gesetzeswidrig unter Verstoß gegen § 3 S. 2 ArbZG erbracht wird, mag ein Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung vorliegen. Die Vergütungspflicht bleibt davon unberührt.
- Die Bedeutung der Regelung liegt im Faktischen. Das "Abschneiden" entsprechender Zeitguthaben soll Arbeitnehmer davon abhalten, Ansprüche auf Vergütung der abgeschnittenen Stunden geltend zu machen und damit mittelbar entsprechende Arbeitsleistung zu erbringen. Diese (nachteilige) Wirkung wird wohl die Triebfeder des Verfahrens gewesen sein, die getroffene Regelung nachträglich zu beseitigen.