Unter dem Oberbegriff der Weiterbeschäftigung sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:
- Die Weiterbeschäftigung in einem (Prozess-)Arbeitsverhältnis und
- die Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung als bereicherungsrechtliches Verhältnis.
Fällt der Titel – typischerweise durch Aufhebung/Abänderung der klagestattgebenden erst- oder zweitinstanzlichen Entscheidung – weg, welcher zunächst das bereicherungsrechtliche Weiterbeschäftigungsverhältnis begründet hat, ist zumindest ein (Prozess-)Arbeitsverhältnis entstanden (BAG, Urt. v. 8.4.2014 – 9 AZR 856/11, ArbR 2014, 414 zit. nach juris).
Streitgegenständlich war das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wegen einer Weiterbeschäftigung infolge einer Befristungsklage, die sich gegen zwei bis zum 18.7.2008 geschlossene Arbeitsverträge richtete. Das ArbG (Urt. v. 3.12.2008) gab dem Befristungskontrollantrag sowie dem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers statt.
Zitat
Mit Schreiben vom 15.12.2008 verlangte der Kläger vom beklagten Land seine Weiterbeschäftigung. In dem Schreiben heißt es u.a.:
" ... in obiger Angelegenheit dürfte auch Ihnen das Protokoll des Arbeitsgerichts Kiel vom 3.12.2008 vorliegen. Das Land ist danach verpflichtet, seit dem 3.12.2008 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits unseren Mandanten tatsächlich zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Bitte weisen Sie in diesem Sinne schriftlich bestätigend unserem Mandanten Arbeitsort, Arbeitsaufgabe und Arbeitsumfang zu. Den 22.12.2008, 11:00 Uhr notieren wir als Frist für den Eingang Ihrer schriftlichen Bestätigung. Für den Fall des fristlosen Fristablaufs nehmen wir Zwangsvollstreckungsandrohung vor."
Das beklagte Land reagierte hierauf mit Schreiben vom 22.12.2008, in dem es u.a. ausführte:
"Nachdem das Gericht festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungen ab dem 17.5.2008 und 1.5.2008 am 18.7.2008 geendet habe, bemessen sich Arbeitsort, -aufgabe und -umfang weiterhin nach den geschlossenen Arbeitsverträgen. ... Ihr Mandant möge seine Arbeitsverpflichtung an den entsprechenden Schulen nach den Weihnachtsferien längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits aufnehmen."
Ab dem 7.1.2009 beschäftigte das beklagte Land den Kläger wieder. Auf die Berufung des beklagten Landes wies das LAG (Urt. v. 26.3.2009) die Klage ab. Die vom Kläger hiergegen am 9.6.2009 eingelegte Revision wies das BAG auf die Revisionsverhandlung vom 6.10.2010 zurück. Das beklagte Land lehnte die weitere Beschäftigung des Klägers am Folgetag, den 7.10.2010, ab.
Zwischen den Parteien besteht – so das BAG – seit dem 27.3.2009 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Zunächst schlossen die Parteien für die Zeit vom 7.1. bis zum 26.3.2009 keinen Arbeitsvertrag. Es erfolgte eine Beschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel des Vorprozesses. Im Gegensatz dazu schlossen die Parteien für die Zeit ab dem 27.3.2009 konkludent einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Das wegen der Androhung der Zwangsvollstreckung erzwungene faktische Beschäftigungsverhältnis entfällt, sobald das die Weiterbeschäftigungspflicht aussprechende Urteil aufgehoben wird. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht mehr darauf berufen, die Beschäftigung sei nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Setzen die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitsverhältnis dadurch fort, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Betrieb nicht einstellt und der Arbeitgeber die Vergütung fortzahlt, ohne dass der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist, ist davon auszugehen, dass sie das gekündigte oder durch Fristablauf beendete Arbeitsverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Bestandsschutzrechtsstreit fortsetzen wollen. Allerdings scheiterte die Befristung an der fehlenden Schriftform der Befristungsabrede nach § 14 Abs. 4 TzBfG.
Hinweise:
Ein typischer Fehler, der Rechtsstreit war völlig unnötig, weil durch rechtsfehlerhafte Gestaltung der Prozessbeschäftigung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis i.S.d. § 16 TzBfG begründet wurde, welches die (mögliche) Haftpflicht des Arbeitgebervertreters oder vorliegend des Steuerzahlers zur Folge hat!
- Eine bereicherungsrechtliche "Prozessbeschäftigung" liegt nur vor, soweit und solange sie zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, weil der Arbeitgeber die Beschäftigung nicht aus freiem Willen, sondern erzwungenermaßen vornimmt (vgl. BAG, Beschl. v. 27.2.1985 – GS 1/84 [zu C II 3 b der Gründe], BAGE 48, 122). In allen anderen Fällen liegt ein Prozessarbeitsverhältnis vor.
- Liegt ein Prozessarbeitsverhältnis vor, unterliegt dies den gewöhnlichen Regeln. Es ist grundsätzlich unbefristet. Eine (wirksame) Befristung – die typischerweise bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits getroffen wird – bedarf der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Diese setzt die Unterschrift beider Parteien – jedenfalls unter die Befristungsabrede – vora...