Der Komplexität der im GWB geregelten Sachverhalte trägt die Praxis Rechnung, indem sie großzügig Leistungsklagen zulässt, die mit einer Klage auf Feststellung oder Nichtfeststellung eines kartellrechtlichen Tatbestandes verbunden sind. § 87 S. 2 GWB deckt dies, da nach ihm Satz 1 auch dann gilt, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach dem GWB zu treffen ist, abhängt. Eine mit Kartellsachen betraute Kammer für Handelssachen kann deshalb über Leistungsklagen hinaus auch mit Kartell-Feststellungsklagen, Kartell-Gestaltungsklagen und Kartell-Sanktionsklagen befasst werden.

 

Beispiel:

Der Kläger erbringt mit Hilfe der verklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder seinen Mitgliedern Versorgungsleistungen, die er über einen Abrechnungsverband ermitteln lässt. Nach Ausscheiden aus diesem Verband macht er geltend, dass der Gegenwert für die an seine Leistungsempfänger zu zahlenden Renten falsch berechnet worden sei. Er klagt gem. § 33 GWB auf Rückzahlung von Beiträgen und auf Unterlassung der bisherigen Berechnung des Gegenwertes, hilfsweise auf Feststellung. Der Rückzahlungsklage wird wegen Unwirksamkeit von § 23 Abs. 2 VBLS gem. § 307 Abs. 1 BGB teilweise stattgegeben. Die Unterlassungsklage wird abgewiesen, weil die Versorgungsanstalt kein Unternehmen i.S.v. Art. 103 AEUV sei. Indessen wird die Feststellungsklage von der Kartellkammer des LG Mannheim (Urt. v. 9.7.2010 – 7 O 265/09) als zulässig angesehen, weil bei der Beklagten als quasi-staatlichem Unternehmen zu erwarten sei, dass sie sich einem in einem Feststellungsurteil tenorierten Anspruch beugen werde.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge