1. Mängelhaftung bei der sog. Ohne-Rechnung-Abrede
a) Amtliche Leitsätze
Zitat
- Ob ein Werkvertrag aufgrund einer "Ohne-Rechnung-Abrede" nichtig ist, richtet sich nach § 139 BGB.
- Hat der Unternehmer seine Bauleistungen mangelhaft erbracht, so handelt er regelmäßig treuwidrig, wenn er sich zur Abwehr von Mängelansprüchen des Bestellers darauf beruft, die Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede führe zur Gesamtnichtigkeit des Bauvertrags.
b) Gründe
Der BGH begründete seine Entscheidung, die sich allerdings noch auf die alte Rechtslage bezog, damals wie folgt: Gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig sei die der Steuerhinterziehung dienende sog. Ohne-Rechnung-Abrede (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.1968 – VIII ZR 113/66, MDR 1968, 834; v. 21.12.2000 – VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 und v. 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742). Damit sei ein Teil des Vertrags nichtig und der Anwendungsbereich von § 139 BGB eröffnet.
Nach dieser Vorschrift sei bei Nichtigkeit eines Teils eines Vertrags der gesamte Vertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen sei, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Ob diese Voraussetzungen vorlägen, ob also die Vermutung der Gesamtnichtigkeit durch einen entgegenstehenden (hypothetischen) Parteiwillen entkräftet werde, sei jeweils anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Diese Grundsätze hätten auch für die Frage Geltung, ob die Nichtigkeit einer "Ohne-Rechnung-Abrede" die Nichtigkeit des ganzen Vertrags zur Folge habe (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.1968 – VIII ZR 113/66, MDR 1968, 834 [zum Kaufvertrag] und v. 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742 [zum Mietvertrag]; OLG Hamm BauR 1997, 501; OLG Oldenburg OLGR 1997, 2; OLG Naumburg IBR 2000, 64, juris; OLG Saarbrücken OLGR 2000, 303 [jeweils zum Werkvertrag]). Dem Berufungsgericht sei darin beizupflichten, dass auch beim Werkvertrag Gesamtnichtigkeit nur dann nicht eintrete, wenn angenommen werden könne, dass ohne die "Ohne-Rechnung-Abrede" bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabführung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere mit derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre.
Der Senat müsse nicht abschließend entscheiden, ob im Streitfall die Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führe. Denn jedenfalls könne sich der Beklagte, nachdem er die Bauleistung erbracht habe, nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB nicht auf eine etwaige Nichtigkeit des Vertrags berufen.
c) Anmerkung
Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 1.8.2013 ausdrücklich ausführte, betraf die Rechtsprechung des BGH zu Mängelansprüchen aus einem Bauvertrag, der eine "Ohne-Rechnung-Abrede" enthielt, nicht die Fälle, in denen ein Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Rede stand. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, den der BGH nach früherer Rechtsprechung zugelassen hat, überwand nur die unter bestimmten Voraussetzungen aus § 139 BGB folgende Nichtigkeit des Gesamtvertrags aufgrund einer Nichtigkeit der "Ohne-Rechnung-Abrede" mit der Folge, dass Mängelansprüche geltend gemacht werden konnten.
Hinweis:
Derartige Erwägungen kämen nach dem jetzigen SchwarzArbG nicht mehr Betracht. Eine nach § 134 BGB bestehende Nichtigkeitsfolge müsse anders beurteilt werden, als die Nichtigkeitsfolge aus § 139 BGB (vgl. BGH, a.a.O.).
2. Anspruch auf Wertersatz bei nichtigem Schwarzarbeitsvertrag
a) Amtlicher Leitsatz
Zitat
"Im Falle eines gem. § 134 BGB nichtigen Schwarzarbeitervertrags kann der vorleistende Schwarzarbeiter unter Umständen gem. §§ 812, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz verlangen; der Anwendung von § 817 S. 2 kann § 242 BGB entgegenstehen."
b) Gründe
Der Kläger könne sich mit Erfolg auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung berufen. Beide Parteien hätten die Verträge gerade als Schwarzarbeit durchgeführt. Die Bereicherungsansprüche gehörten indessen dem Billigkeitsrecht an und ständen daher in besonderem Maße unter den Grundsätzen von Treu und Glauben. Mit diesen sei es nicht zu vereinbaren, wenn der Besteller den Wert des Erlangten nicht erstatten müsse, sondern unentgeltlich behalten könne. Bei der Betrachtung müsse berücksichtigt werden, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolge. Im Einzelfall könne eine einschränkende Auslegung der rechtspolitisch problematischen und in ihrem Anwendungsbereich umstrittenen Vorschrift geboten sein. Und weiter: Dass der Besteller von Schwarzarbeit die Leistung auf Kosten des vorleistenden Schwarzarbeiters unentgeltlich behalten solle, sei zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzgebers nicht unabweislich geboten.
c) Anmerkung
Diese schon damals umstrittene Rechtsprechung hat der BGH nunmehr endlich aufgegeben (s. nachfolgend unter V.). Es wäre schon früher zur Durchsetzung der Ziele des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geboten gewesen, nicht nur Mängelansprüche, sondern auch Bereicherungsansprüche strikt auszuschließen. Letztlich hat diese Rechtsprechung von der Rechtsordnung nicht gewünschte Zustände zementiert, ohne den Parteien die notwendigen Konsequenzen ihres Verhaltens aufzuzei...