Die Bundesregierung plant, den Straftatbestand der Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder aus dem StGB zu streichen. Er sei, so die Begründung, in der Strafrechtspraxis bedeutungslos und auch nicht mehr zeitgemäß. Hintergrund der geplanten Änderung ist die öffentliche Debatte in der sog. Böhmermann-Affäre. Der türkische Staatspräsident hatte sich durch ein "Schmähgedicht" des Entertainers beleidigt gefühlt und im vergangenen Jahr Strafanzeige gestellt; dies wiederum zwang die Bundesregierung, mit der für eine Strafverfolgung erforderlichen Ermächtigungserklärung nach § 104a StGB zu dem Vorgang in irgendeiner Form Stellung zu beziehen.
Der Vorgang löste eine breite Debatte aus, in der überwiegend herausgestellt wurde, dass ein derartiges "Sonderstrafrecht" nicht mehr in die Zeit gehöre. Auch wurde vielfach bemängelt, dass die Bundesregierung im Hinblick auf die erforderliche Ermächtigungserklärung in die schwierige Lage gebracht werde, einen Ausgleich zwischen der überragenden Bedeutung der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und den Erwartungen der jeweils betroffenen ausländischen Regierung herbeiführen zu müssen. Bereits im Frühjahr vergangenen Jahres gab es daher verschiedene Initiativen, den sog. Majestätsbeleidigungsparagrafen für die Zukunft abzuschaffen. Sowohl mehrere Bundesländer als auch fast alle Fraktionen des Bundestags legten eigene Gesetzentwürfe vor, um das StGB entsprechend zu ändern. Auch das Bundesjustizministerium erarbeitete einen eigenen Entwurf, der jedoch von der Bundesregierung für einige Monate "auf Eis gelegt" wurde, weil sie nicht in das laufende Strafverfahren eingreifen wollte. Nun soll die Gesetzesänderung doch noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden, nach dem Willen des Bundeskabinetts allerdings erst im Jahr 2018 in Kraft treten.
An diesem späten Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle übt der Deutsche Anwaltverein (DAV) Kritik. Es sei kein Grund ersichtlich, warum eine überflüssige Strafrechtsnorm noch über die geltende Legislaturperiode hinaus für das gesamte Kalenderjahr 2017 in Kraft bleiben sollte. Der möglicherweise ursprünglich verfolgte Zweck, nicht den Eindruck zu erwecken, man wolle in das laufende Strafverfahren in der Sache Böhmermann gesetzgeberisch eingreifen, sei mit der Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Mainz im Oktober 2016 überholt. Es sei also kein Grund ersichtlich, warum gegenwärtig für vergleichbare Fälle noch eine Strafverfolgung nach § 103 StGB statthaft sein solle. Der DAV plädiert daher dafür, dass die geplante StGB-Änderung sofort am Tag nach seiner Verkündung in Kraft gesetzt wird.
[Quelle: DAV]