1. Allgemeines
Beruht die Feststellung der Alkoholisierung des Betroffenen auf einer Atemalkoholmessung, muss sich der Verteidiger ggf. mit der Frage auseinandersetzen, ob diese verwertbar ist (vgl. dazu und zu einer Checkliste Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 3907 ff.).
Hinweis:
Diese Frage ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung streng zu trennen von der Frage, welche Anforderungen an das tatrichterliche Urteil zu stellen sind, wenn der Verurteilung eine Atemalkoholmessung zugrunde liegt (vgl. dazu oben II. 3. b cc) und die dortigen Rspr.-Nachw.).
Der Verteidiger muss die Umstände der Messung mit seinem Mandanten besprechen und versuchen, mögliche Störfaktoren von diesem zu erfragen. Dazu muss dann bereits beim Amtsgericht vorgetragen werden (vgl. die Fallgestaltungen bei OLG Hamm BA 2005, 167 = VA 2004, 158; OLG Karlsruhe NJW 2006, 1988 = DAR 2006, 465 = VRR 2006, 354; OLG Stuttgart VRS 119, 372 = VRR 2011, 34 = VA 2010, 189). Es reicht nicht, wenn erst mit der Rechtsbeschwerde Fehler bei der Messung geltend gemacht werden. Das Oberlandesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts gebunden. Gegebenenfalls muss ein Sachverständigengutachten beantragt werden. Dazu ist dann ein Beweisantrag zu stellen.
Die Frage der Verwertbarkeit der Atemalkoholmessung hängt eng zusammen mit der Entscheidung des BGH vom 3. 4. 2001 (BGHSt 46, 358 = NZV 2001, 267; s.o. II. 4. b cc). Danach ist der bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration i.S.v. § 24a Abs. 1 StVG unter Verwendung eines Atemalkoholmessgerätes, wie z.B. (früher) dem "Dräger Alcotest 7110 Evidential MK II", gewonnene Messwert ohne Sicherheitsabschläge (nur) verwertbar, wenn das Gerät die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat, es unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind. Das bedeutet, dass sich der Verteidiger mit den entsprechenden Fragen auseinandersetzen muss. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Messung unverwertbar (OLG Bamberg VRR 2008, 153 = VA 2008, 31; OLG Dresden DAR 2005, 226; OLG Hamm NZV 2008, 260 = VRS 114, 292 = VRR 2008, 189; OLG Jena DAR 2006, 225 = VRS 111, 149; 2006, 340; AG Plön DAR 2008, 408; nicht ganz eindeutig Hentschel/König/Dauer/König, a.a.O., § 24a StVG Rn 16a; s. aber die jetzt teilw. abw. Rspr. einiger Oberlandesgerichte unten). Die Entscheidung des BGH gilt auch für die neueren Geräte Dräger Alcotest® 9510 DE. Im Einzelnen gilt:
2. Fehlende oder ungültige Eichung
Der BGH hat im Leitsatz seines Beschlusses (BGHSt 46, 358) ausdrücklich festgehalten, dass der bei der Messung gewonnene Wert ohne Sicherheitsabschlag (nur) dann "verwertbar ist, wenn das Gerät unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist (...)". Erforderlich ist nach Anl. 7 Nr. 9.3 zu § 34 MessEV (früher: Nr. 18.5 Anhang B zu § 12 EichO) eine halbjährliche Eichung. Bei einem Atemalkoholmessgerät beginnt die Eichgültigkeit mit dem Tag der Eichung und endet mit Ablauf des sechsten Monats, welcher auf den Monat der Eichung folgt (OLG Dresden VRR 2008, 188 = StRR 2008, 278; Burhoff/Grün/Schuff, a.a.O., § 2 Rn 115).
Bei Fehlen der erforderlichen Eichung sind die ermittelten Werte also nicht verwertbar (so auch Janker DAR 2002, 53). Auf die mit einem nicht geeichten Gerät ermittelten Werte kann auch nicht die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Rotlichtüberwachung oder zu Geschwindigkeitsmessungen mit nicht oder nicht mehr geeichten Messgeräten angewendet werden (vgl. dazu z.B. KG NZV 1992, 251; OLG Hamm NZV 1993, 361). Diese hält die ermittelten Ergebnisse für verwertbar, wenn ein größerer Sicherheitsabschlag gemacht wird. Diese Rechtsprechung kann aber auf die Messung der Atemalkoholkonzentration deshalb nicht angewendet werden, weil bereits bei der Festlegung der Werte der Atemalkoholkonzentration im Tatbestand des § 24a StVG vom Gesetzgeber Grenzwerte eingeführt worden sind, die einen Sicherheitsabschlag zugunsten des Betroffenen enthalten (vgl. dazu auch BGHSt 46, 358; Janker DAR 2002, 53). Damit würde, wenn man (weitere) Sicherheitsabschläge zuließe, der Tatbestand des § 24a StVG verändert (BGH a.a.O.).
Hinweis:
Unabhängig davon: Der Verteidiger muss Zweifel an der gültigen Eichung des Messgeräts der Atemalkoholkonzentration vortragen, und zwar bereits beim Tatrichter und nicht erst in der Rechtsbeschwerde. Gegebenenfalls ist mit einem Beweisantrag die Beiziehung der "Lebensakte" zu beantragen.
3. Änderung bzw. Aktualisierung der Software des Geräts
Beim "Dräger Alcotest 7110 Evidential MK II" bzw. "7110 MKIII A" haben Softwareprobleme bestanden, die eine Aktualisierung der Software des Geräts erforderlich gemacht haben. Teilweise war die Software 1.5 neu installiert worden. In dem Zusammenhang haben Literatur und Rechtsprechung die Fragen der weiteren Gültigkeit der be...