Über Vorschriften im öffentlichen Dienst, die beim Bezug einer Erwerbsminderungsrente die Auflösung bzw. das Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses anordnen s. Sartorius/Gundel ZAP F. 17 R, S. 785, 796 ff.
In dem hier zu berichtenden Fall stritten die Parteien darüber, ob das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) auf Zeit ruhte. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Der Klägerin wurde am 11.3.2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung i.H.v. rund 364 EUR monatlich bewilligt, befristet bis zum 30.6.2015. Mit Schreiben vom 18.7.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, gem. § 33 Abs. 2 TVöD-AT ruhe das Arbeitsverhältnis während des Bezugs der Rente. Die Klägerin legte erst mit Schreiben vom 21.8.2013 "Widerspruch" gegen das ihr unter dem 18.7.2013 mitgeteilte Ruhen des Arbeitsverhältnisses ein. Seit dem 1.7.2015 ist sie wieder auf dem bisherigen Arbeitsplatz tätig und beantragt im Rahmen der von ihr erhobenen Klage festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2015 nicht nach § 33 Abs. 2 S. 6 TVöD-AT geruht hat.
Nach § 33 Abs. 2 S. 1 TVöD-AT endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Nach § 33 Abs. 2 S. 5, 6 TVöD-AT endet das Arbeitsverhältnis nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird. Nach § 33 TVöD-AT ruht im Falle teilweiser Erwerbsminderung das Arbeitsverhältnis nicht, wenn die/der Beschäftigte nach ihrem/seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem/seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen und die/der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids ihre/seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.
Im Urteil vom 17.3.2016 (6 AZR 221/15, NZA 2016, 1220) stellt der Senat zunächst fest, dass die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 S. 5, 6 TVöD-AT sowohl in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit als auch in die Freiheit der Arbeitsplatzwahl eingreift. Obwohl die Rechtsfolgen des § 33 Abs. 2 TVöD-AT nicht von den individuellen Verhältnissen der Beschäftigten abhängen, hält das BAG weiterhin die Anordnung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses auch für den Fall der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit für verfassungskonform. Obwohl nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT der Weiterbeschäftigungsantrag davon abhängt, dass der/den die Beschäftigte diesen innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids schriftlich beantragt, geht die Rechtsprechung davon aus, die Frist für diesen Antrag beginne erst mit dem Zugang der Ruhensmitteilung durch den Arbeitgeber zu laufen.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Frist zur Beantragung ihrer Weiterbeschäftigung nach § 33 TVöD-AT versäumt. Das BAG verweist darauf, auch in diesem Fall verblieben den Beschäftigten noch Möglichkeiten, ihre tatsächliche Beschäftigung zu erreichen und damit ihr Einkommen zu steigern. Es verweist insofern auf die Ansprüche auf behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 3 SGB IX. Darüber hinaus könne jeder Beschäftigte, der eine Zeitrente wegen Erwerbsminderung bezieht, während des im Gesetz angeordneten Ruhenzeitraums grundsätzlich eine (erneute) Prüfung der Möglichkeit seiner Beschäftigung unter Berücksichtigung seines verbliebenen Leistungsvermögens verlangen. Dies ergebe sich aus der im ruhenden Arbeitsverhältnis weiter geltenden, in § 241 Abs. 2 BGB verankerten Rücksichtnahmepflicht. Eine Pflicht der Beklagten aus § 241 Abs. 2 BGB könnte allerdings nur dadurch ausgelöst werden, dass die Klägerin der Beklagten nach Ablauf der Frist mitgeteilt hätte, wie sie sich ungeachtet der durch den Rentenbescheid belegten Beeinträchtigung ihres Leistungsvermögens ihre Weiterbeschäftigung "voll" vorstellt. Eine schuldhafte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht hätte allerdings nicht den Vorliegen von der Klägerin angestrebten ununterbrochenen Bestand des aktiven Arbeitsverhältnisses zur Folge, sondern allein einen Anspruch auf Schadensersatz. Darum kommt eine Zurückverweisung an das LAG, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu konkretisieren bzw. erstmals zur Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung der Rücksichtnahmepflicht vorzutragen, nicht in Betracht.
Hinweise:
- Der Weiterbeschäftigungsantrag nach § 33 Abs. 2 TVöD (ebenso § 33 Abs. 2 TV-L) ist form- und fristgebunden: Er muss – verfassungskonform ausgelegt – schriftlich und inne...