Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer nach der Neuregelung des § 439 Abs. 3 S. 1 BGB im Rahmen der Nacherfüllung jetzt verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.
1. Konsequenzen der Umsetzung der EuGH-Entscheidung
§ 439 Abs. 3 S. 1 BGB setzt die EuGH-Entscheidung für sämtliche Kaufverträge und beide Arten der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB (Mangelbeseitigung und Lieferung einer mangelfreien Sache) um.
Die Neuregelung begegnet der vormals restriktiven Handhabung des Nacherfüllungsanspruchs zulasten der Handwerker und Bauunternehmer: Sie schuldeten ihrem Auftragnehmer im Rahmen der werkvertraglichen Nacherfüllung nach § 635 BGB in der Regel den Ausbau des mangelhaften Baumaterials und den Einbau des mangelfreien Ersatzmaterials bei zum Teil sehr hohen Kosten. Vom Verkäufer des (mangelhaften) Baumaterials konnte der Werkunternehmer hingegen oft nur die Lieferung einer neuen Kaufsache verlangen – wohingegen er die Kosten für den Aus- und den erneuten Einbau der mangelfreien Sache selbst tragen musste (wenn – wie im Regelfall – die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs mangels eines Verschuldens des Verkäufers nicht erfüllt waren).
Hinweis:
Der Gesetzgeber (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 39) verweist darauf, dass die Aus- und Einbaukosten die dem Handwerker aus dem Werkvertrag zustehende Vergütung bei weitem übersteigen können, z.B. dann, wenn die Materialien an schwer zugänglichen Stellen verbaut wurden oder verwendete Kleinteile von geringem Wert wegen Mängeln ausgetauscht werden müssen.
2. Anwendungsbereich
Die Neuregelung führt nun in Bezug auf alle Kaufvertragsverhältnisse – auch außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs nach § 474 Abs. 1 BGB – zu einer Entlastung der Handwerker und anderer Unternehmer: Diese können den Verkäufer der mangelhaften Kaufsache jetzt auch dann wegen der Kosten der Aus- und Einbauleistungen in Anspruch nehmen, wenn der Verkäufer die Mangelhaftigkeit nicht zu vertreten hat (mithin kein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen den Verkäufer begründet ist).
Dabei macht es keinen Unterschied, ob die mangelhafte Kaufsache, die der Käufer vor Auftreten des Mangels gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck verbaut hat, ausgebaut werden muss, um eine neu gelieferte Sache zu verbauen, oder ob eine solche Sache ausgebaut werden muss, um den Mangel beseitigen zu können und sodann wieder sach- und fachgerecht verbaut werden zu können: Bei beiden Alternativen der Nacherfüllung würden den Käufer nämlich weitere Aus- und Einbaukosten treffen, die er bereits einmal aufgewendet hat – und die er bei mangelfreier Erfüllung des Vertrags nicht noch ein weiteres Mal tragen muss (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 39).
Der Gesetzgeber hat letztlich von der Einführung eines ursprünglich vorgesehenen Wahlrechts des Verkäufers – ob er den Aus- und Einbau selbst vornehmen möchte oder ob er sich zum Ersatz der angemessenen Aufwendungen hierfür verpflichten möchte – abgesehen (vgl. RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 39) und räumt dem Käufer nur einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen ein. Damit ist es zu einer reinen Aufwendungsersatzlösung gekommen.
3. Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs
a) Art- und verwendungszweckgemäßer Einbau der Sache
Voraussetzung des Anspruchs ist ein art- und verwendungszweckgemäßer Einbau der Sache – d.h. dass der Käufer die gekaufte Sache gutgläubig und ihrer Art und ihrem Verwendungszweck gemäß in die andere Sache eingebaut hat. Ansonsten würde der Anspruch auch Fälle erfassen, in denen der Käufer nicht schutzwürdig ist. Der Anspruch wäre dann im Übrigen für den Verkäufer auch nicht vorhersehbar. Ob der Einbau art- und verwendungszweckgemäß erfolgt ist, ist grundsätzlich objektiv zu beurteilen. Dabei kommt es darauf an, ob der Käufer die Kaufsache durch den vorweggenommenen Einbau bestimmungsgemäß verwendet hat oder nicht, beispielsweise einen Einbau entgegen der funktionellen Bestimmung der Kaufsache vorgenommen hat (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 39 f.).
b) Gutgläubiger Einbau durch den Käufer
§ 439 Abs. 3 S. 2 BGB setzt die vom EuGH vorgegebene Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs auf Fälle um, in denen der Käufer die Kaufsache gutgläubig eingebaut hat (RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 40): § 442 Abs. 1 BGB ist gem. § 439 Abs. 3 S. 2 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache durch den Käufer tritt.
Hinweis:
Nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB sind die Rechte eines Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer gem. § 442 Abs. 1 S. 2 BGB Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
§ 442 Abs. 1 BGB findet damit über § 439 Abs. 3 S. 2 BGB auf Aus- und...