Die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen muss
- im gleichen Zeitraum bestehen, für den Unterhalt geltend gemacht wird – Grundsatz der Gleichzeitigkeit (Kongruenz) von Unterhaltsbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit (BVerfG FamRZ 2005, 1051 m. Anm. Klinkhammer FamRZ 2005, 1055 und Graba FamRZ 2005, 1149; BGH FamRZ 2013, 1554 dazu Viefhues jM 2014, 134; OLG Dresden NZFam 2014, 378);
- in dem Zeitraum bestanden haben, für den aufgrund der Bedürftigkeit Unterhalt verlangt wird. Wechseln sich Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Zeiten der Erwerbstätigkeit ab, ist kein Durchschnittseinkommen über den Gesamtzeitraum zu bilden, sondern zeitabschnittsweise zu rechnen (BGH 2008, 594 m. Anm. Borth = FamRZ 2008, 778 m. Anm. Weychardt). Wenn der Unterhaltspflichtige – sei es durch einen Lottogewinn oder eine Erbschaft – erst zu einem späteren Zeitpunkt leistungsfähig wird, hat dies folglich keine Rückwirkung auf verstrichene Zeiträume.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist der Unterhalt daher ebenfalls zeitbezogen geltend zu machen, wodurch auch der Streitgegenstand des Verfahrens festgelegt wird. Wenn der Unterhaltsberechtigte für bestimmte Zeiträume zu viel Unterhalt verlangt, ist sein Antrag insoweit abzuweisen und kann gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht mit anderen Zeiträumen verrechnet werden, in denen er weniger verlangt als ihm zusteht (BGH FamRZ 2016, 199 m.w.N.).
Daher ist regelmäßig auf die Einkommenssituation abzustellen, die in der Zeit gegeben war, für die der Unterhalt verlangt wird. Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen ist für zurückliegende Unterhaltszeiträume (Unterhaltsrückstände) grundsätzlich nach den in dieser Zeit tatsächlich erzielten Einkünften zu bestimmen. Aus Vereinfachungsgründen können unter Umständen Jahresdurchschnittsbeträge gebildet werden (OLG Dresden NZFam 2014, 378). Dies ist aber nur dann zulässig, wenn innerhalb des Jahres keine großen Abweichungen beim monatlichen Einkommen aufgetreten sind.
Bei einer Verbesserung der Einkommensverhältnisse infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöht sich die Leistungsfähigkeit ab dem Monat, in dem das (höhere) Einkommen erzielt wird, und vermindert sich, sobald es wieder wegfällt. Eine Umrechnung dieses Einkommens auf einen (niedrigeren) Jahresdurchschnittsbetrag kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht (OLG Dresden NZFam 2014, 378).
Geht es um laufenden Unterhalt, ist das Einkommen des gegenwärtigen Zeitraums zugrunde zu legen, das regelmäßig aufgrund des Einkommens der letzten 12 Monate oder des letzten Kalenderjahres festgestellt wird. Dies beruht auf der – widerlegbaren – Prognose, dass das Einkommen in der Zukunft in gleicher Höhe erzielt werden wird.
Allerdings erfolgt dies unter Berücksichtigung eines eingetretenen Steuerklassenwechsels (BGH FamRZ 2013, 1554, dazu Viefhues jM 2014, 134) und ggf. des verringerten Kinderfreibetrags (OLG Hamm FamFR 2013, 79). Auch sind jeweils die in diesen Jahren gültigen Selbstbehaltssätze anzusetzen (BGH FamRZ 2013, 1554, dazu Viefhues jM 2014, 134).
Eine einmalige Zahlung im Vorjahr, die im laufenden Jahr nicht anfallen wird, erhöht daher nicht das aktuelle durchschnittliche Einkommen (vgl. OLG Stuttgart FuR 2015, 119). Etwas anderes gilt, wenn aus dem laufenden Einkommen mit ausreichender Sicherheit auf die Zukunft geschlossen werden kann (vgl. OLG Hamm FamFR 2013, 79).