Dass im anwaltlichen Berufsrecht dringend Reformbedarf besteht, zeigen insbesondere die sog. Jones-Day-Beschlüsse des BVerfG vom 27.6.2018 (Az. 2 BvR 1405/17, 2 BvR 1780/17, 2 BvR 1287/17 und 2 BvR 1583/17, dazu u.a. Baur NZG 2018, 1092 ff.; Kruchen AG 2018, 616 ff.; Lilie-Hutz/Ihwas NZWiSt 2018, 349 ff.; Momsen NJW 2018, 2362 ff.; Uwer/van Ermingen-Marbach AnwBl 2018, 470 ff.). Das BVerfG entschied, dass die im Zuge des "Diesel-Skandals" erfolgte Durchsuchung des Münchener Büros der Kanzlei Jones Day und die Sicherstellung der dort gefundenen Unterlagen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Während sich der 2. Senat mit den Verfassungsbeschwerden von VW noch inhaltlich auseinandersetzte, wies er die Beschwerden der als Partnership nach US-amerikanischem Recht organisierten Kanzlei und der ihr angehörenden (deutschen) Rechtsanwälte mangels Beschwerdeberechtigung als unzulässig ab. Die Kanzlei sei nicht als inländische juristische Person und damit nicht als Trägerin von Grundrechten zu behandeln, da die Mehrheit der Entscheidungen der Geschäftsführung nicht an den deutschen Kanzleistandorten oder an einem Standort in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union getroffen werde. Die Rechtsanwälte von Jones Day seien nicht beschwerdebefugt, weil nicht ersichtlich sei, dass sie in eigenen Grundrechten verletzt worden seien. Insbesondere komme bei Geschäftsräumen der Schutz des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der "Wohnung" regelmäßig nur dem Unternehmer zugute.
Die Analyse der Entscheidung ist weiterhin nicht abgeschlossen. Insbesondere ist unklar, inwiefern sie sich damit vereinbaren lässt, dass die hierzulande tätigen Rechtsanwälte einer ausländischen Berufsausübungsgesellschaft uneingeschränkt an das deutsche Berufsrecht gebunden sind, ohne dass das Herkunftslandprinzip insofern eine Rolle spielen würde. Auch die Auffassung des BVerfG, dass den deutschen Niederlassungen einer nach dem Recht des US-Bundesstaats Ohio organisierten Partnership keine Grundrechtsträgereigenschaft zukommen soll, sorgt für Unsicherheit und befördert gekünstelte Umgehungskonstruktionen in großen Compliance-Verfahren (vgl. dazu Momsen NJW 2018, 2362). Eine weitere Aufarbeitung ist schließlich deswegen zwingend erforderlich, da die Entscheidung vor dem Hintergrund des nahenden Brexits auch Konsequenzen für die in England ansässigen Anwaltskanzleien mit deutschen Standorten haben kann (Lilie-Hutz/Ihwas NZWiSt 2018, 349, 355).