Im ersten Beschluss hatte der 1. Senat die Regelungen der §§ 59e Abs. 1 S. 1, 59f Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2 BRAO auf der einen sowie der §§ 52e Abs. 2 S. 1, 52f Abs. 1 PAO auf der anderen Seite für verfassungswidrig erachtet, soweit sie bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten zugunsten einer der beteiligten Berufsgruppen deren Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie deren Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit vorschreiben und bei einer Missachtung eine Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft ausschließen. Aufgrund des eng gefassten Tenors der Entscheidung – nur soweit dieser reicht, kommt dem Beschluss Gesetzeskraft zu (§ 31 BVerfGG) – sind die vom Senat beanstandeten Normen von den zuständigen Kammern in allen anderen Konstellationen (insbesondere bei der Zusammenarbeit von Anwälten mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern in einer GmbH) weiter zu beachten.
Der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe kann daher für ihren belehrenden Hinweis, mit dem sie im vergangenen Jahr einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die beabsichtigte, ihre Satzung dahingehend zu ändern, dass ein Nur-Steuerberater an ihr mit 50 % beteiligt und zweiter gleichberechtigter Geschäftsführer werden soll, den Widerruf der Zulassung in Aussicht stellte, kein Vorwurf gemacht werden. Auch der gegen diesen Bescheid angerufene AGH Baden-Württemberg hatte keine Möglichkeit, die eindeutigen gesetzlichen Regelungen einfach außer Acht zu lassen. Der Senat hat aber zutreffend herausgearbeitet, dass die Regelungen des § 59e Abs. 2 S. 1 BRAO und des § 59f Abs. 1 BRAO auch insoweit verfassungswidrig sind, als sie der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft mit beschränkter Haftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung der Gesellschaft und die Mehrheit der Geschäftsführer den Rechtsanwälten überlassen sind. Denn ein Sachgrund dafür, dass Mehrheitserfordernisse zwar nicht bei der Zusammenarbeit von Anwalt und Patentanwalt, wohl aber bei Anwalt und Steuerberater zulässig sein sollen, ist angesichts der Vergleichbarkeit der Berufsrechte aller in § 59a Abs. 1 BRAO genannten Berufsgruppen, nicht ersichtlich. Konsequenterweise hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und im Wege der konkreten Normenkontrolle die Entscheidung des BVerfG eingeholt (Beschl. v. 19.10.2018 – AGH 13/2018 II m. Anm. Deckenbrock BRAK-Mitt. 2019, Heft 1).