1. Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft nach strafrechtlicher Verurteilung
Nach dem gerade bereits angesprochenen § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Die Vorschrift ist auch maßgeblich, sofern nach einem Zulassungswiderruf die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragt wird. Insofern ist nach dem Anwaltssenat – wie er jüngst erneut betont hat (Urt. v. 2.7.2018 – AnwZ [Brfg] 54/17) – zu beachten, dass die mit der Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbundene Einschränkung der freien Berufswahl nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft ist. Im Rahmen der Wiederzulassungsentscheidung sei eine Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Beeinträchtigung der einer Zulassung entgegenstehenden Interessen der Öffentlichkeit zu erstellen. Dabei sei insbesondere von Bedeutung, wie viele Jahre zwischen einer Verfehlung, die seinerzeit die Unwürdigkeit begründete, und dem Zeitpunkt der (Wieder-)Zulassung liegen. Auch eine durch ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten begründete Unwürdigkeit könne durch Zeitablauf und Wohlverhalten des Bewerbers derart an Bedeutung verloren haben, dass sie seiner Zulassung nicht mehr im Wege steht. Bei gravierenden Straftaten mit Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts hält der Anwaltssenat in ständiger Rechtsprechung einen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Wiederzulassung von i.d.R. 15–20 Jahren für erforderlich. Als Kriterien im Rahmen der Prognoseentscheidung hat er auf eine Unrechtseinsicht und die wahrheitsgemäße Angabe einer strafgerichtlichen Verurteilung im Wiederzulassungsverfahren abgestellt. Im Streitfall deutete der Senat an, dass ein früherer Rechtsanwalt, der im Sommer 1999 wegen zwölf zwischen Sommer 1995 und Oktober 1998 tatmehrheitlich begangener Vergehen – u.a. falscher uneidlicher Aussage, versuchten (Prozess-)Betrugs, falscher Verdächtigung, Vortäuschung einer Straftat und Verleumdung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden ist, nun zur Rechtsanwaltschaft wieder zugelassen werden könne.
2. Syndikusrechtsanwälte
Das zum 1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung, in dessen Rahmen die berufsrechtliche Stellung des Syndikusrechtsanwalts in den §§ 46 ff. BRAO vollständig neu geregelt worden ist (s. Überblick bei Henssler/Deckenbrock DB 2016, 215 ff.), hat naturgemäß eine Klagewelle ausgelöst: In aller Regel begehren entweder Unternehmensjuristen, denen die Zulassung zur (Syndikus-)Rechtsanwaltschaft verwehrt worden ist, Rechtsschutz oder aber die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), die aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Folgen einer Zulassung zu beteiligen ist, greift Zulassungsbescheide der Kammern an. Im dritten Jahr nach dem Inkrafttreten der Reform sind inzwischen viele Verfahren vor dem Anwaltssenat des BGH gelandet, so dass manche offene Frage höchstrichterlich geklärt werden konnte (vgl. zu offenen Rechtsfragen rund um den Syndikusrechtsanwalt auch Posegga DStR 2018, 1372 ff.).
a) Freigestellter Betriebsrat
In der ersten Syndikusentscheidung des Jahres 2018 hatte der BGH den Fall eines Rechtsanwalts zu beurteilen, der seit 1992 in der Rechtsabteilung eines Versicherungsunternehmens tätig war, im März 2014 aber zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt und für die Dauer der Ausübung dieses Amtes von seiner Tätigkeit als Unternehmensjurist vollumfänglich freigestellt wurde. Nach Auffassung des Anwaltssenats (Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ [Brfg] 12/17, ZAP EN-Nr. 380/2018 m. Anm. Rolfs NJW 2018, 794 f.) steht diese Befreiung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegen. Das Gesetz sei so konzipiert, dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur aufgrund der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit erfolgen könne, da die Zulassung tätigkeitsbezogen ausgestaltet sei. Nach Ansicht des Senats soll auch nichts anderes aus dem den Betriebsrat schützenden Benachteiligungsverbot (§ 78 S. 2 BetrVG) folgen. Demnach dürfen Betriebsräte wegen ihrer Tätigkeit zwar nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Auch richte sich das Verbot nicht nur gegen den Arbeitgeber, sondern gegen jedermann und damit auch gegen die DRV. Eine relevante Benachteiligung sei jedoch dann nicht gegeben, wenn sich die Nachteile unmittelbar aus dem Gesetz ergäben und der Arbeitgeber oder, wie hier, die Rentenversicherungsträgerin lediglich einer gesetzlichen Verpflichtung nachkämen.
Die Entscheidung kann im Ergebnis nicht überzeugen. Auch wenn die §§ 46 ff. BRAO in der Tat einen tätigkeitsbezogenen Ansatz verfolgen, so hat sich der Gesetzgeber zur Frage der Unterbrechung einer Tätigkeit infolge des Engagements im Betriebsrat keine Gedanken gemacht. Zu anderen Tätigkeitsunterbrechungen, etwa während eines Sabbatjahres oder in...