Zur Frage der genügenden Entschuldigung lassen sich nachfolgende Grundsätze aufstellen (wegen der Einzelheiten s. Meyer-Goßner/Schmitt, § 329 Rn 21 ff.; Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 9. Aufl. 2019, Rn 792 ff. [im Folgenden: Burhoff, HV]; Kotz, in: Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafverfahrensrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl. 2016, Teil A Rn 177 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff/Kotz/Kotz]; s. auch Burhoff ZAP F. 22, S. 939, 943 f. m.w.N.).
a) Vorwerfbares Ausbleiben
Maßgebend ist, ob dem Angeklagten wegen seines Ausbleibens nach den Umständen des Einzelfalls billigerweise ein Vorwurf zu machen ist (st. Rspr., vgl. u.a. BayObLG NJW 1999, 3424; StRR 2013, 386; KG VRS 108, 110; VRR 2009, 433; OLG Brandenburg NJW 1998, 842 m.w.N.; OLG Dresden StV 2018, 152 [Ls.]; OLG München StraFo 2013, 208; wegen der Einzelheiten Meyer-Goßner/Schmitt, § 329 Rn 21 ff.). Es muss vor allem auch in subjektiver Hinsicht eine Pflichtverletzung gegeben sein (OLG Brandenburg a.a.O.; OLG Dresden a.a.O.). Bleibt es zweifelhaft, ob der Angeklagte genügend entschuldigt ist, liegen die Voraussetzungen für die Berufungsverwerfung nicht vor (KG VRS 108, 110; OLG Bamberg StRR 2008, 305; OLG Hamburg, Beschl. v. 7.1.2016 – 2 Rev 87/15; OLG Hamm StraFo 2012, 193; OLG Köln StraFo 2006, 205 m.w.N.; OLG München a.a.O.; OLG Schleswig NStZ-RR 2008, 252).
Hinweis:
Der Angeklagte ist im Wiedereinsetzungsverfahren mit bereits bekannten Entschuldigungsgründen präkludiert. Der Verteidiger muss sich daher in der Hauptverhandlung, wenn er nicht sichere Kenntnis von den Gründen für das Ausbleiben seines Mandanten hat, gut überlegen, ob er "Halbwissen" vorträgt. Denn setzt sich das Gericht dann damit auseinander, kann später im Wiedereinsetzungsverfahren dazu nichts mehr (neu) vorgetragen werden.
b) Maßstab
Entscheidend für die Frage, ob der Angeklagte "genügend entschuldigt" ist, ist nicht, ob sich der Angeklagte entschuldigt hat, sondern, ob er entschuldigt ist (Meyer-Goßner/Schmitt, § 329 Rn 18 m.w.N. aus der st. Rspr.; Burhoff/Kotz/Kotz, Teil A Rn 177 ff.; vgl. u.a. BayObLG StV 2001, 338; NStZ-RR 2003, 87; KG VRS 111, 430; OLG Bamberg StRR 2008, 305; ähnl. VRR 2009, 231 [für das Bußgeldverfahren]; zfs 2012, 230; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.11.2015 – 1 Ss 322/15; OLG Hamm StraFo 1998, 233; zfs 2005, 515; OLG Köln StraFo 2006, 413; OLG München StV 2018, 151 [Ls.]; OLG Nürnberg NJW 2009, 1761; OLG Schleswig NStZ-RR 2008, 252). Genügend entschuldigt ist das Ausbleiben, wenn es glaubhaft erscheint, dass den Angeklagten daran kein Verschulden trifft; dabei ist eine weite Auslegung zugunsten des Angeklagten geboten (OLG Bamberg StRR 2013, 386; OLG Hamm StraFo 2012, 193, 194; OLG Koblenz StV 2010, 477).