Auch die Regelung privater oder beruflicher Angelegenheiten kann das Ausbleiben in der Berufungshauptverhandlung genügend entschuldigen. Der Angeklagte kann sich unter Umständen damit entschuldigen, wenn diese unaufschiebbar und von solcher Bedeutung sind, dass dem Angeklagten das Erscheinen nicht zugemutet werden kann (s. OLG Karlsruhe VRS 89, 130 [Auslandsaufenthalt zur Durchführung von Fliesenlegearbeiten aus Gefälligkeit verneint]; OLG Oldenburg zfs 1996, 434 [beruflich bedingter Einsatz eines Berufskraftfahrers im Ausland für OWi-Verfahren bejaht]; LG Koblenz, Beschl. v. 31.7.2012 – 1 Qs 166/12 [vom Arbeitgeber angesetztes Treffen, an dem der Arbeitnehmer teilnehmen muss bejaht]). Dabei sind im Einzelfall jeweils die Bedeutung der zu erledigenden Geschäfte nach Wichtigkeit und Dringlichkeit einerseits und die öffentlich-rechtliche Pflicht zum Erscheinen andererseits abzuwägen, wobei die Bedeutung der jeweiligen Strafsache nicht außer Acht gelassen werden darf (vgl. OLG Hamm zfs 2005, 515 [für Urlaubsreise]; StraFo 2003, 173 [zur unaufschiebbaren Geschäftsreise]; OLG Bamberg VRR 2007, 74 [für zuvor zugegangene Ladung zum Schlusstermin im Insolvenzverfahren; OWi-Verfahren]; LG München StraFo 2011, 95 [Flugreise nach Mekka aus religiösen Gründen]).

Will der Angeklagte sich mit einer Urlaubsreise entschuldigen, gilt: In der Regel soll die Verschiebung oder Unterbrechung einer Urlaubsreise – auch ins Ausland – zumutbar sein (OLG Brandenburg StRR 2008, 307; OLG Bamberg, Beschl. v. 7.9.2012 – 2 Ss OWi 834/12 [Bußgeldverfahren]; OLG Düsseldorf VRS 64, 438; OLG Schleswig SchlHA 1987, 120 [Ls.]; s. auch OLG Dresden NStZ-RR 2015, 191 [für Zeugen; zum mehrmonatigen Auslandsaufenthalt s. oben]). Das ist aber bei einer vor Erhalt der Ladung gebuchten, nicht mehr stornierbaren Urlaubsreise in einer Bagatellsache nicht anzunehmen (OLG Düsseldorf NJW 1973, 109; OLG Hamm zfs 2005, 515). Etwas anderes gilt, wenn der Angeklagte zum Zeitpunkt der Ladung den Urlaub erst plant (KG GA 1973, 29; OLG Hamm VRS 39, 208) oder sogar erst danach gebucht hat (OLG Brandenburg a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.; LG Berlin VRS 112, 276). Erscheint er in diesen Fällen nicht, ist er nicht genügend entschuldigt (zum Urlaub s. auch noch OLG Oldenburg Nds.Rpfl. 2004, 47 [wenn der Angeklagte nach Berufungseinlegung mehr als ein halbes Jahr ohne Nachricht vom Gericht geblieben ist]).

 

Hinweis:

Einen Verlegungsantrag aus privaten/beruflichen Gründen muss der Angeklagte eingehend begründen (BayObLG NJW 2003, 1961; OLG Bamberg StRR 2008, 305; OLG Hamm a.a.O.; Beschl. v. 31.7.2008 – 2 Ss 291/08). Vage Angaben, wie z.B. "unabkömmlich" zu sein, reichen nicht aus (OLG Bamberg, a.a.O.).

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