a) Allgemein
Eine Kündigung ist unabhängig davon, in welcher Form sie abgegeben werden muss und tatsächlich abgegeben wird, eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit ihrem Zugang gem. § 130 BGB wirksam wird. Bei einer Mehrheit von Mietern ist die Erklärung erst mit Zugang beim letzten Mieter wirksam zugegangen. Zugang bedeutet, dass die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein muss, dass unter normalem Lauf der Dinge mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann (BGH BGHZ 67, 271, 275; NJW 1999, 1093; KG GE 2002, 1559; AG Schöneberg MM 1991, 131 m.w.N.; Palandt/Ellenberger § 130 BGB Rn 5; Hosenfeld NZM 2002, 93). Hierzu zählt auch der Einwurf in einen Briefkasten oder das Postfach des Empfängers. Wird das Kündigungsschreiben persönlich übergeben, so gilt der Zeitpunkt der Übergabe. Die Beweislast trifft denjenigen, der die Erklärung abgibt. Der BGH (NJW 1957, 1230) lehnt zu Recht einen Beweis des ersten Anscheins dafür ab, dass tatsächlich nachgewiesen aufgegebene Briefe auch zugegangen sind. Die Vernehmung des Mieters als Partei über den behaupteten Zugang der Kündigung soll einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen (AG Schöneberg GE 2009, 271). Die Übersendung einer Kopie der Kündigung durch das Gericht bedeutet noch nicht, dass diese zugegangen ist (LG Berlin GE 2010, 63). Im Übrigen erfüllt die Kopie auch nicht die zumindest in der Wohnraummiete erforderliche Schriftform. Erfolgt die Kündigung zwar während eines Räumungsprozesses, aber außerhalb des Verfahrens durch selbstständige Kündigungserklärung und wird diese dann schriftsätzlich zur Akte gereicht, so kann der Adressat den Zugang immer noch bestreiten (Zehelein NJW 2017, 41, 42). Bei einer Erklärung gegenüber einer Außengesellschaft genügt es, wenn sich aus der Kündigung entnehmen lässt, dass sie an die GbR gerichtet ist und dass sie einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht. Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht (BGH ZMR 2012, 261). Soweit die Übergabe durch einen Boten erfolgt, ist es sinnvoll, dass der Bote Kenntnis vom Inhalt des Schreibens hat, damit er später ggf. im Prozess den Zugang der bestimmten Willenserklärung bekunden kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung (BGH NJW 2019, 1151; NJW 2008, 843; BAG NJW 2018, 2684; NZA 2019, 1490; NZA 2015, 1183) geht eine verkörperte Willenserklärung unter Abwesenden i.S.v. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die – abstrakte – Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie ein Briefkasten. Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den "gewöhnlichen Verhältnissen" und den "Gepflogenheiten des Verkehrs" zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten (BAG NZA 2019, 1490). Wenn für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war. Auch konkrete Umstände in der Sphäre des Empfängers, z.B. Unkenntnis der Sprache oder Analphabetentum fallen in die Risikosphäre des Empfängers und hindern den Zugang nicht (LAG Köln NJW 1988, 1870). Den Mieter trifft die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegenden – Gründe nicht ausgeschlossen.
Das bedeutet, dass bei Einwurf in den Briefkasten des Mieters der Zugang der Kündigung zu dem Zeitpunkt erfolgte, zu dem nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme von Schreiben aus dem Briefkasten zu rechnen war (BAG NZA 2019, 1490; AG Lahr WuM 1987, 85). Höchstrichterlich wurde bisher die Annahme einer Verkehrsanschauung, wonach bei Hausbriefkästen im Allgemeinen mit einer Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen sei, die allerdings stark variieren können, nicht beanstandet (BGH NJW 2004, 1320). Die örtlichen Zeiten der Postzustellung stellen gerade keine unbeachtlichen individuelle Verhältnisse des Empfängers dar. Hierzu zählen z.B. eine Vereinbarung mit dem Postboten über persönliche Zustellzeiten (BGH NJW 2004, 1320), konkrete eigene Leerungsgewohnheiten oder auch die krankheits- oder urlaubsbedingte Abwesenheit. Die allgemeinen örtlichen Postzustellungszeiten gehören dagegen nicht zu den individuellen Verhältnissen, sondern sind vielmehr dazu geeignet, die regionale Verkehrsauffassung über die übliche Leerung des Hausbriefkastens zu beeinflussen. Die Entscheidun...