Das Vorhandensein einer Videoaufzeichnung der Vernehmung des Beschuldigten erlaubt in einer späteren Hauptverhandlung nicht, dass die Vernehmung des Angeklagten in Person in der Hauptverhandlung (§ 243 Abs. 5 S. 3 StPO) durch das Abspielen der Aufzeichnung (s)einer Vernehmung aus dem Ermittlungsverfahren ersetzt werden kann. Das wäre ein umfassender Beweistransfer aus dem Ermittlungsverfahren, den die StPO (derzeit) nicht vorsieht. Er ist zudem auch deshalb abzulehnen, weil das Gericht selbst oder die anderen Verfahrensbeteiligten, wie Staatsanwalt, Verteidiger, Nebenklägervertreter möglicherweise weitere oder andere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung an den Beschuldigten richten wollen als die frühere Vernehmungsperson (BT-Drucks 18/11277, S. 26).
In der Hauptverhandlung wird die audiovisuelle Aufzeichnung daher wie auch sonst wie ein Protokoll einer Vernehmung behandelt – "ein qualitativ besseres – weil authentischeres" (BT-Drucks 18/11277, S. 26). Das bedeutet, dass immer dann, wenn nach den Regeln der StPO Durchbrechungen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 250 StPO) zulässig sind, etwa indem die Verlesung der Niederschrift einer Vernehmung anstelle der Vernehmung des Beschuldigten selbst gestattet ist (vgl. §§ 231a Abs. 1 S. 2, 233 Abs. 2 S. 2 StPO), an die Stelle der Verlesung des schriftlichen Inhaltsprotokolls das Abspielen der audiovisuellen Aufzeichnung treten kann. Über § 251 Abs. 1 oder 2 StPO kommt – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 251 Abs. 1 oder 2 StPO – ggf. das Abspielen der audiovisuellen Aufzeichnung der Vernehmung eines (früheren) Mitbeschuldigten in Betracht (vgl. insoweit Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 251 Rn 4 m.w.N.). Auch kann ggf. die Vernehmung eines Zeugen durch das Abspielen seiner Vernehmung als Beschuldigter ersetzt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).
Schließlich kommt das Abspielen der Aufzeichnung einer Vernehmung nach § 254 StPO in Betracht. In § 254 StPO ist das durch eine Anpassung des Wortlauts für die Verlesung eines richterlichen Protokolls eines Geständnisses des Beschuldigten ausdrücklich klargestellt worden.
Zudem können dem Beschuldigten in der Hauptverhandlung Vorhalte aus der Aufzeichnung wie aus einem Vernehmungsprotokoll gemacht werden. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln (Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 9. Aufl. 2019, Rn 3720 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, HV]).