Zum 1.8.2022 wird das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 7.7.2021 (BGBl I, S. 2363) in Kraft treten. Mit diesem auch als große BRAO-Reform bekannten Vorhaben wird das sog. anwaltliche Gesellschaftsrecht umfassend neu geregelt (dazu Deckenbrock DB 2021, 2200 ff.; Kilian NJW 2021, 2385 ff.; Nitschke BRAK-Mitt. 2021, 218 ff.; Ring WM 2021, 2265 ff.; Stöber DStR 2021, 2137 ff. sowie speziell zu Steuerberatern Ruppert DStR 2021, 2090 ff.). Für Berufsausübungsgesellschaften, die in der Rechtsform einer GbR (§§ 705 ff. BGB) organisiert sind, erlangt zudem das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 10.8.2021 (BGBl I, S. 3436) Bedeutung, das ab dem 1.1.2024 gelten wird (dazu Bachmann NJW 2021, 3073 ff.). Mit dieser Reform wird "das überwiegend noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Personengesellschaften an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens" angepasst (BT-Drucks 19/27635, S. 101). Besondere Beachtung verdient, dass die Gesellschafter einer GbR künftig die Möglichkeit haben werden, ihre Gesellschaft zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anzumelden (§ 707 Abs. 1 BGB n.F.; sog. eGbR). Auf diese Weise soll das Publizitätsdefizit der GbR behoben und damit Transparenz im Hinblick auf die Gesellschaftsverhältnisse hergestellt werden.
Bis zur nun erfolgten Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts hat die BRAO im Wesentlichen nur den Einzelanwalt im Blick gehabt, obwohl seit Jahrzehnten ein fortwährender Trend von der individualistischen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zu beobachten ist. Von diesem Leitbild hat sich der Gesetzgeber mit den §§ 59b ff. BRAO n.F. nun verabschiedet. Künftig besteht für anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften Organisationsfreiheit (§ 59b Abs. 2 BRAO n.F.). Ihnen stehen "alle Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften, Europäische Gesellschaften und Gesellschaften, die zulässig sind nach dem Recht eines Mitgliedstaats der EU oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum" offen. Bemerkenswert ist insb. die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften einschließlich der Rechtsform der GmbH & Co. KG sowie der UG & Co. KG für die anwaltliche Berufsausübung. Die Möglichkeit, sich in der Rechtsform der GmbH & Co. KG bzw. in der UG & Co. KG zu organisieren, kann insb. aus haftungsrechtlichen Erwägungen interessant sein, erfasst doch die Haftungsbeschränkung sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft und nicht nur – wie dies bei der PartG mbB der Fall ist – Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung (vgl. § 8 Abs. 4 PartGG).
Damit von einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft die Rede sein kann, muss ihr mind. ein Rechtsanwalt als Gesellschafter angehören. Ist dies der Fall, ist die Berufsausübungsgesellschaft befugt, Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 RDG zu erbringen (§ 59k BRAO n.F.); außerdem kann sie als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden (§ 59l BRAO n.F.). Voraussetzung ist jeweils, dass die Berufsausübungsgesellschaften durch ihre Gesellschafter und Vertreter handelt, in deren Person die für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen (sog. Berufsträgervorbehalt). Die bislang für die Anwalts-GmbH bestehenden Mehrheitserfordernisse (§§ 59e, 59f BRAO) gibt der Gesetzgeber im Grundsatz auf. Jedoch dürfen nach § 59p BRAO n.F. nur solche Berufsausübungsgesellschaften die Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" führen, bei denen Rechtsanwälte die Mehrheit der Stimmrechte innehaben sowie die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans stellen.
Deutlich erweitert wird der Kreis der sozietätsfähigen Berufe. Nach § 59c Abs. 1 BRAO n.F. dürfen sich Rechtsanwälte zur gemeinschaftlichen Berufsausübung nicht nur wie bislang mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zusammenschließen, sondern grds. mit allen Personen, die in der Berufsausübungsgesellschaft einen freien Beruf nach § 1 Abs. 2 PartGG ausüben. Zum Schutz der Rechtsuchenden wird berufsfremden Gesellschaftern in § 59d BRAO n.F. die Pflicht auferlegt, bei ihrer Tätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft die anwaltlichen Berufspflichten zu beachten. Besonderes Augenmerk wird zudem auf die Verschwiegenheitspflicht gelegt, die für die nichtanwaltlichen Gesellschafter für Informationen mit Bezug zur rechtsanwaltlichen Tätigkeit gilt (vgl. auch § 203 Abs. 1 Nr. 3a StGB n.F.).
Wie sich aus der Formulierung des § 59b Abs. 1 BRAO n.F. ("zur gemeinschaftlichen Ausübung ihres Berufs") ergibt, greift in Berufsausübungsgesellschaften das sog. Gebot der aktiven Mitarbeit. Dieses gilt nicht nur für anwaltliche, sondern für alle Gesellschafter unabhängig von ihrer Profession. Reine Kapitalbeteiligungen sin...