Auf die gesetzlichen Änderungen des RDG wurde schon hingewiesen (dazu II. 2.). Vgl. zu aktuellen Entwicklungen im Rechtsdienstleistungsrecht auch Remmertz BRAK-Mitt. 2021, 288 ff.
1. Zulässigkeit eines Rechtsdokumentengenerators
Bereits die beiden letzten Ausgaben des Berufsrechtsreports hatten zur Zulässigkeit sog. Rechtsdokumentengeneratoren berichtet (Deckenbrock/Markworth ZAP 2020, 7, 23 f. und ZAP 2021, 9, 27 f.): Während das LG Köln (Urt. v. 8.10.2019 – 33 O 35/19) auf die Klage einer Rechtsanwaltskammer einen von einem Verlag betriebenen "Generator", bei dem mithilfe eines Frage-Antwort-Systems und einer Sammlung abgespeicherter Textbausteine Rechtsdokumente zusammengestellt werden, als unerlaubte Rechtsdienstleistung qualifizierte, sah das OLG Köln (Urt. v. 19.6.2020 – 6 U 263/19) keinen Verstoß gegen das RDG als gegeben an. Der BGH (Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 113/20, ZAP EN-Nr. 58/2022 [Ls.] m. zust. Anm. Thole NJW 2021, 3129) schloss sich nun der Sichtweise der Berufungsinstanz an. Bei der softwarebasierten Erstellung eines Vertragsdokuments handele es sich nicht um eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG, weil die derartige Erzeugung eines Vertragsentwurfs nicht auf der Grundlage eines von einer bestimmten Person unterbreiteten konkreten Sachverhalts erfolge. Denn das vom beklagten Verlag verwendete Computerprogramm sei nicht auf einen individuellen realen Fall zugeschnitten, sondern erfasse allgemeine Sachverhalte mit üblicherweise auftretenden Fragen, zu denen Antworten in Form von standardisierten Vertragsklauseln und Textbausteinen vorab entwickelt worden seien. Dabei mag sie die Programmierung der Software darauf ausgerichtet haben, durch ein umfangreiches und detailliertes Frage-Antwort-System möglichst alle typischen und in der Praxis häufig vorkommenden Fallkonstellationen vorwegzunehmen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es sich bei der Vielzahl möglicher Kombinationen von Textbausteinen um Lösungen für fiktive Einzelfälle eines unbestimmten Personenkreises handelt. Plastisch lässt sich festhalten, dass bei einem Vertragsgenerator nicht der Vertragsentwurf dem konkreten Fall, sondern der konkrete Fall dem (vorgefertigten) Vertragsentwurf zugeordnet wird (Thole NJW 2021, 3129). Im Ergebnis unterscheidet sich der Vertragsdokumentengenerator daher nicht von einem detaillierten Formularhandbuch, in dem den Lesern für gewisse Sachverhaltskonstellationen bestimmte Vertragsklauseln empfohlen werden (s. bereits Deckenbrock AnwBl Online 2020, 178, 179).
2. Rechtsberatung durch Architektin
Als unzulässige Rechtsdienstleistung hat der BGH dagegen die Vertretung der Grundstückseigentümer in einem Widerspruchsverfahren gegen die abschlägige Bescheidung einer Bauvoranfrage und die Geltendmachung von mit dem Widerspruchsverfahren zusammenhängenden Kostenerstattungsansprüchen durch eine Architektin angesehen (BGH, Urt. v. 11.2.2021 – I ZR 227/19, ZAP EN-Nr. 236/2021 [Ls.] m. zust. Anm. Jost LMK 2021, 808837). Rechtsberatungsbefugnisse der Architektin seien weder aus § 1 Abs. 5 Architektengesetz Rheinland-Pfalz noch aus der HOAI noch aus §§ 631 Abs. 1, 650p BGB herzuleiten. Zudem könne sich die Architektin auch nicht auf § 5 RDG berufen, da die beanstandete Tätigkeit nicht als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Architekten gehöre. Zwar komme ein Architekt in vielfacher Hinsicht mit Rechtsdienstleistungen in Berührungen (dazu allg. Deckenbrock/Henssler in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 2 Rn 45 ff.). Eine Vertretung des Bauherrn im Rahmen gerichtlicher Vorverfahren gehe aber über die typischerweise mit der beratenden Rolle des Architekten verbundenen Aufgaben hinaus. Als Vorstufe eines Gerichtsverfahrens seien im Widerspruchsverfahren i.d.R. qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grds. nur bei Anwälten vorausgesetzt werden können, unabdingbar. Erforderlich sind nach Auffassung des I. Zivilsenats nicht nur die Kenntnis bautechnischer und baurechtlicher Vorschriften, sondern auch die Beherrschung des übrigen öffentlichen Rechts und des Verwaltungsprozessrechts, mit dem ein Architekt regelmäßig nicht hinreichend vertraut sei und auch nicht sein könne. Mit einem Rechtsberater des Bauherrn sei der Architekt nämlich gerade nicht gleichzusetzen.
3. Rechtsberatungsbefugnisse eines Datenschutzbeauftragten
Der AGH Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 12.3.2021 – 1 AGH 9/19; zust. Remmertz BRAK-Mitt. 2021, 288, 294 f.) hatte sich mit der sehr praxisrelevanten Frage zu befassen, ob die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte eine anwaltliche Tätigkeit sei. Die Anwaltszulassung der Klägerin war gem. § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO mit der Begründung widerrufen worden, dass sie bei einem Arbeitgeber tätig sei, der, ohne über die erforderliche Rechtsdienstleistungserlaubnis zu verfügen, Dienste als externer Datenschutzbeauftragter anbiete und damit das RDG umgehe. Der AGH stellte jedoch klar, dass es sich insofern um eine erlaubte Rechtsdienstleistung handele (ähnlich zuvor bereits Deckenbrock/Henssler a.a.O., § 5 Rn 51 ff.). Die Erlaubnispflicht des § 3 RDG sei hier nicht einschlägig, da Art. 39 Abs. 1 DSGVO ein Anwendungsvorrang