a) Krankheitsunterhalt bei fehlenden Genesungsbemühungen
Ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 1 BGB setzt eine unabwendbare krankheitsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit voraus.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1025) stellt klar, dass ein Unterhalt begehrender geschiedener Ehegatte, der sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsobliegenheit beruft, Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung angeben und zusätzlich darlegen muss, inwieweit sich die Beeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit auswirkt. Ihn trifft weiter die Obliegenheit, alles zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft Erforderliche zu tun.
Unterlässt er leichtfertig oder fahrlässig die Möglichkeit einer erfolgversprechenden ärztlichen Behandlung zur Behebung seiner Leiden, ist von einer erfolgreichen Genesung und fiktiv von einem Einkommen auszugehen, das er aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse zumutbar erzielen kann.
b) Erwerbsobliegenheit der kindesbetreuenden Unterhaltsberechtigten
Der Unterhaltsanspruch eines kindebetreuenden Elternteils verlängert sich gem. § 1570 BGB über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus, soweit dies der Billigkeit entspricht. Nach § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen; nach Abs. 2 verlängert sich der Unterhaltsanspruch darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
Das OLG Düsseldorf (FamRZ 2021, 1630; hier fiktives Einkommen aus einer zumutbaren Teilzeitbeschäftigung) zählt als kindbezogene Gründe auf: das Alter des Kindes, die bestehenden Betreuungsmöglichkeiten durch Dritte sowie die Fremdbetreuungsfähigkeit des Kindes und sein psychischer und physischer Gesundheitszustand.
Im Rahmen der elternbezogenen Gründe kann die Rollenverteilung der Eltern in der Ehe sowie der Umfang der Belastungen berücksichtigt werden, die aufgrund der Erwerbstätigkeit sowie der verbleibenden Kinderbetreuung entstehen (vgl. BGH FamRZ 2012, 1040). Soweit eine Unterstützung durch den nicht betreuenden Elternteil verlangt wird, sind Abstimmungsschwierigkeiten und Belastungen durch einen Ortswechsel zu beachten.
c) Eheliche Lebensverhältnisse bei Selbstständigen und coronabedingte Hilfen
Das OLG Frankfurt (FamRZ 2021, 1617 m. Anm. Borth = MDR 2021, 946 = FamRB 2021, 321 m. Hinw. Schneider) stellt entsprechend den Frankfurter Unterhaltsgrundsätzen (vgl. auch BGH, FamRZ 2007,1532) für die Bestimmung der maßgeblichen Einkünfte eines Selbstständigen nicht auf einen Drei-Jahres-Schnitt ab, sondern auf die Einkünfte im konkret betroffenen Kalenderjahr. Lediglich i.R.d. für die Zukunft anzustellenden Prognose knüpft es an den Gewinn aus einem zeitnahen Dreijahreszeitraum an. Tritt ein kurzfristig coronabedingter Einkommensrückgang ein, ist dieser erst bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Hat der Unterhaltsschuldner eine staatliche Soforthilfe zur Überbrückung coronabedingter Ertragseinbußen erlangt, ist diese Leistung unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Sie ist nicht zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts einzusetzen und nimmt deshalb auch nicht Einfluss auf die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse.
Hinweis:
Die Überbrückungsleistung ist unpfändbar (vgl. BGH, FamRZ 2021, 968).