a) Endvermögensstichtag bei zwischenzeitlicher Versöhnung
Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt hatte (§ 1376 Abs. 2 BGB). Abweichend hiervon ist gem. § 1384 BGB bei Anträgen auf Scheidung als vorgezogener Stichtag der Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrags heranzuziehen. Die Dauer des Verfahrens beeinflusst den Vermögensstichtag nicht (vgl. BGH, FamRZ 2006, 260).
Hinweis:
Gleiches gilt auch bei der sog. verfrühten Stellung eines Scheidungsantrags.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1524) hat in einem besonders gelagerten Einzelfall die Auffassung vertreten, dass der Vermögensstichtag wegen des geltenden strengen Stichtagsprinzips auch dann fortwirkt, wenn sich die Eheleute zwischenzeitlich zeitweise wieder versöhnt und die Lebensgemeinschaft fortgesetzt haben. Dem stehe nicht entgegen, dass – nach erneuter Trennung – das Scheidungsverfahren über viele Jahre in Vergessenheit geraten war. Die generalisierende und streng formal ausgestaltete Regelung vernachlässige die Einzelfallgerechtigkeit um der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit willen (vgl. BGH, FamRZ 2018, 331). Nur in extremen Ausnahmefällen könne aus Billigkeitsgründen von dem gesetzlich geregelten Stichtag abgewichen werden.
b) Vorzeitiger Zugewinnausgleich
Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Beendigung der Zugewinngemeinschaft u.a. verlangen, wenn die Ehegatten seit mind. drei Jahren getrennt leben (§ 1385 Nr. 1) oder Handlungen der in § 1365 und § 1375 Abs. 2 BGB bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefahr der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist (§ 1385 Nr. 2 BGB).
Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB).
Hinweis:
Die Darlegungs- und Beweislast für das Getrenntleben und den Trennungszeitpunkt obliegt dem antragstellenden Ehegatten.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1869) führt aus, dass für die Darlegung des Getrenntlebens innerhalb der Ehewohnung erforderlich ist, konkret darzulegen, welche Räume innerhalb der Ehewohnung von welchem Ehegatten allein, welche gemeinsam genutzt wurden, welche Mahlzeiten getrennt oder gemeinsam eingenommen wurden, welche Versorgungsleistungen noch füreinander übernommen wurden und welche Berührungspunkte noch bestanden. Nur dann lässt sich beurteilen, ob die ehelichen Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen aufgegeben wurden. Regelmäßig ist ein Getrenntleben zu verneinen, wenn Malzeiten noch gemeinsam zubereitet und eingenommen werden oder der Haushalt wie gewohnt weitergeführt wird. Zu erhöhten Anforderungen an die Darlegung führen ein gemeinsamer Urlaub oder gemeinsame Weihnachts- und Silvesterfeiern.
Eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft kann nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt (FamRZ 2021, 1870 = FamRB 2021, 404 m. Hinw. Kogel) auch dann verlangt werden, wenn die Zugewinnausgleichsforderung gefährdet ist, weil der ausgleichspflichtige Ehegatte sein Vermögen durch unentgeltliche Zuwendung eines Hausgrundstückes an die gemeinsame Tochter zu vermindern beabsichtigt.
Eine solche Zuwendung stellt grds. keine Pflicht- oder Anstandsschenkung dar, da sie ohne innere Rechtfertigung während der Ehe geschaffenes Vermögen zum Nachteil des Ehegatten mindert.
c) Verjährung bei wechselseitigen Zugewinnausgleichsansprüchen
Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Güterrecht beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder den Anspruch begründenden Umständen, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert (§ 203 S. 1 BGB).
Das OLG Celle (FamRZ 2021, 1874 = FamRB 2021, 360 m. Hinw. Kogel) hat sich mit der Selbstständigkeit von wechselseitigen Zugewinnausgleichsansprüchen bei der Beurteilung ihrer Verjährung und ihrer Hemmung durch Verhandlungen befasst. Sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht sind wechselseitige Ansprüche rechtlich jeweils selbstständig zu beurteilen. Dies gilt auch hinsichtlich ihrer Verjährung. Insoweit kommt eine Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten aufgrund früherer gerichtlicher Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruchs des anderen Ehegatten nicht in Betracht.
Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB sind anzunehmen, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will, und sich zum anderen hieran ein ernsthafter Meinungsaustausch anschließt. Dies ist nicht der Fall, wenn ein derartiger Anspruch vom Schuldner rundweg und abschließend abgelehnt wird, ohne dass sich insofern für den Gläubiger Anhaltspunkte für eine Verhandlungsbereitsc...