1. Ehewohnung
a) Begriff der Ehewohnung und Herausgabeanspruch
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, FamRZ 2017, 22) ist ein Anspruch des Ehepartners auf Herausgabe der ihm gehörenden Wohnung auf der Basis des § 985 BGB unzulässig, wenn es sich um eine Ehewohnung i.S.d. § 1361b BGB handelt, da diese Vorschrift eine ausschließende Sonderregelung ist.
Das OLG Hamburg (FamRZ 2021, 1278) folgt der h.M., dass darüber hinaus § 1361b BGB in Bezug auf die Ehewohnung auch Besitzansprüche nach § 861 BGB sperrt.
Eine freie Anspruchskonkurrenz würde der vorgegebenen Konzentrationswirkung der Vorschrift entgegenstehen. Der Begriff der Ehewohnung ist weit auszulegen und erfasst alle Räume, die die Ehegatten zum Wohnen benutzen, gemeinsam bewohnt haben oder die dafür nach den Umständen bestimmt waren (BGH, FamRZ 1990, 987). Haben die Ehegatten eine Wohnung nie in ehelicher Lebensgemeinschaft gemeinsam bewohnt, handelt es sich nach der o.a. Entscheidung des OLG Hamburg gleichwohl um eine Ehewohnung, wenn beide Ehegatten dies zumindest geplant hatten und der Grundvertrag für die Wohnung bereits abgeschlossen wurde.
b) Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Mitwirkung zur Beendigung des Mietverhältnisses
Ein Ehegatte, dem die gemeinsam gemietete Wohnung anlässlich der Scheidung zur alleinigen Nutzung überlassen wird, tritt mit Zugang der Mitteilung an den Vermieter in das Mietverhältnis ein (§ 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB). Bis zur Scheidung ist die Zustimmung des Vermieters zur Änderung des Mietverhältnisses erforderlich.
Nach Auffassung des OLG Oldenburg (MDR 2021, 1013) kann der in der Wohnung verbleibende Ehegatte zur Zustimmung zur Kündigung des gemeinsamen Mietvertrages verpflichtet werden. Das OLG Düsseldorf (FamRZ 2021, 1273) stellt hierzu klar, dass vor der Scheidung ein Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Mitwirkung des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten an der für eine Beendigung des Mietverhältnisses erforderlichen Kündigung nur subsidiär besteht, wenn eine Umgestaltung des Mietverhältnisses an der Verweigerung des Vermieters scheitert. Ist der Vermieter mit der Entlassung des trennungsbedingt aus der Wohnung ausgezogenen Ehegatten aus dem Mietverhältnis einverstanden, besteht ein Anspruch auf Mitwirkung an der entsprechenden Umgestaltung. Dieser Anspruch wird hergeleitet aus dem Wesen der Ehe und der aus § 1353 Abs. 1 S. 3 BGB abzuleitende Verpflichtung, die finanzielle Belastung des anderen Teils nach Möglichkeit zu mindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (vgl. BGH, FamRZ 2005, 182).
2. Zugewinnausgleich
a) Endvermögensstichtag bei zwischenzeitlicher Versöhnung
Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt hatte (§ 1376 Abs. 2 BGB). Abweichend hiervon ist gem. § 1384 BGB bei Anträgen auf Scheidung als vorgezogener Stichtag der Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrags heranzuziehen. Die Dauer des Verfahrens beeinflusst den Vermögensstichtag nicht (vgl. BGH, FamRZ 2006, 260).
Hinweis:
Gleiches gilt auch bei der sog. verfrühten Stellung eines Scheidungsantrags.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1524) hat in einem besonders gelagerten Einzelfall die Auffassung vertreten, dass der Vermögensstichtag wegen des geltenden strengen Stichtagsprinzips auch dann fortwirkt, wenn sich die Eheleute zwischenzeitlich zeitweise wieder versöhnt und die Lebensgemeinschaft fortgesetzt haben. Dem stehe nicht entgegen, dass – nach erneuter Trennung – das Scheidungsverfahren über viele Jahre in Vergessenheit geraten war. Die generalisierende und streng formal ausgestaltete Regelung vernachlässige die Einzelfallgerechtigkeit um der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit willen (vgl. BGH, FamRZ 2018, 331). Nur in extremen Ausnahmefällen könne aus Billigkeitsgründen von dem gesetzlich geregelten Stichtag abgewichen werden.
b) Vorzeitiger Zugewinnausgleich
Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Beendigung der Zugewinngemeinschaft u.a. verlangen, wenn die Ehegatten seit mind. drei Jahren getrennt leben (§ 1385 Nr. 1) oder Handlungen der in § 1365 und § 1375 Abs. 2 BGB bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefahr der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist (§ 1385 Nr. 2 BGB).
Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB).
Hinweis:
Die Darlegungs- und Beweislast für das Getrenntleben und den Trennungszeitpunkt obliegt dem antragstellenden Ehegatten.
Das OLG Brandenburg (FamRZ 2021, 1869) führt aus, dass für die Darlegung des Getrenntlebens innerhalb der Ehewohnung erforderlich ist, konkret darzulegen, welche Räume innerhalb der Ehewohnung von welchem Ehegatten allein, welche gemeinsam genutzt wurden, welche Mahlzeiten getrennt oder gemeinsam eingenommen wurden, welche Versorgungsleistungen noch füreinander übernommen wurden und welche Berührungspunkte noch bestanden. Nur dann lässt sich beurteilen, ob die ehelichen Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen aufgegeben wurden. Regelmäßig ist ein Getrenntleben zu verneinen, wenn Mal...