1. Bedarfsbemessung beim Betreuungsunterhalt
Die Bemessung des Bedarfs einer mit dem Vater des Kindes nicht verheirateten Mutter richtet sich gem. § 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer Lebensstellung, für die grds. ihre Einkommensverhältnisse zur Zeit der Geburt des Kindes maßgebend sind.
Im Falle einer noch nicht abgeschlossenen Ausbildung kann sie sich an hieraus erzielbaren Einkünften orientieren (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1369).
Nach Auffassung des OLG Koblenz (FamRZ 2021, 1369 = FamRB 2021, 322 m. Menne) gilt dies nicht, wenn zwischen dem Abbruch der früheren Ausbildung und der Geburt des Kindes eine andere Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde, die mit der zunächst begonnenen Ausbildung in keinem sachlichen Zusammenhang steht. Vorgeburtliche Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Inanspruchnahme staatlicher Transferleistungen können gegen ein nachhaltig gesichertes Einkommen sprechen.
Hinweis:
Ist eine Erwerbstätigkeit nur wegen der Schwangerschaft einvernehmlich aufgegeben worden, kann sie als fortbestehend fingiert werden.
2. Corona-Kinderbonus
Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung hat das OLG Koblenz (FamRZ 2021, 1798 = FuR 2021,417 m. Bearb. Viefhues) entschieden, dass der im Bundeskindergeldgesetz geregelte sog. Corona-Kinderbonus wie Kindergeld hälftig auf den Unterhalt eines minderjährigen Kindes anzurechnen ist, wenn dieses bei einem Elternteil lebt.
3. Wohnvorteil
Die Nutzung einer eigenen Immobilie ist nach allgemeiner Auffassung als Wohnvorteil unterhaltsrechtlich auch beim Kindesunterhalt relevant. Bei der Ermittlung des Wohnvorteils einer finanzierten Immobilie sind Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwertes zu berücksichtigen (vgl. BGH, FamRZ 2017, 519 betr. Elternunterhalt).
a) Mindestunterhalt
In Übereinstimmung mit dem BGH hat das OLG Oldenburg (FuR 2021, 483 m. Bearb. Viefhues) entschieden, dass auch beim Mindestunterhalt Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwertes in voller Höhe bei der Bereinigung des Nettoeinkommens zu berücksichtigen sind. Erst ein darüber hinaus gehender Wohnwert ist als Wohnvorteil zu berücksichtigen. Ist der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes nicht gesichert, können jedoch nach Auffassung des OLG Koblenz (FamRZ 2021, 1798) Tilgungen nicht berücksichtigt werden.
b) Wohnungsgewährung
Das OLG Köln (FamRZ 2021, 1529) stellt klar, dass grds. ein dem Unterhaltsschuldner gewährtes freies Wohnen durch den neuen Lebenspartner nicht als ein das Einkommen erhöhender Wohnwert zu berücksichtigen ist. Insoweit handelt es sich um eine freiwillige und nicht berücksichtigungsfähige Leistung Dritter.
Hinweis:
Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Unterhaltsschuldner dem neuen Partner Haushaltstätigkeiten erbringt. In diesem Fall kann den Einkünften des Unterhaltspflichtigen der Wert der Haushaltsleistungen hinzugerechnet werden.