1. Anwaltliches Gesellschaftsrecht
Zum 1.8.2022 ist das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften v. 7.7.2021 (BGBl I, S. 2363) in Kraft getreten. Die sog. große BRAO-Reform hat das anwaltliche Gesellschaftsrecht umfassend neu geordnet. Die nun geltenden Regelungen wurden in den letzten Berufsrechtsreporten vorgestellt (vgl. Deckenbrock/Markworth, ZAP 2022, 104 ff.; dies., ZAP 2021, 10 ff.). Sie werden ergänzt durch das am 1.1.2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) v. 10.8.2021 (BGBl I, S. 3436). Nach dem dann geltenden § 107 Abs. 1 S. 2 HGB können auch Gesellschaften, deren Zweck die gemeinsame Ausübung Freier Berufe durch ihre Gesellschafter ist, sich in das Handelsregister eintragen lassen, soweit das anwendbare Berufsrecht dies zulässt. Anwälten steht aber bereits jetzt der Weg in die OHG und KG, also auch die GmbH & Co. KG, offen, da § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO, wonach Berufsausübungsgesellschaften alle im deutschen Recht bekannten Rechtsformen einschließlich der Handelsgesellschaften wählen können, lex specialis zu den noch bis zum 1.1.2024 geltenden §§ 105, 161 Abs. 2 HGB, welche die Eintragung in das Handelsregister grds. vom Betrieb eines Handelsgewerbes i.S.v. § 1 HGB abhängig machen, ist (BT-Drucks 19/27670, S. 177).
2. Aufsicht über Rechtsdienstleister
Im Juli 2022 hat die Bundesregierung darüber hinaus, aufbauend auf einen Referentenentwurf aus dem BMJ v. 6.5.2022, den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe (BT-Drucks 20/3449; dazu Deckenbrock, NJW-aktuell 22/2022, 3; ders., ZRP 2022, 170; Remmertz, BRAK-Mitt. 2022, 247, 252 f.) vorgelegt. Das Gesetzgebungsverfahren war zum Jahresende 2022 weit fortgeschritten; zuletzt fand ein nichtöffentliches erweitertes Berichterstattergespräch statt. Kerninhalt des Gesetzesvorhabens ist die Bündelung der derzeit noch auf 38 verschiedene Landesbehörden verteilten Zuständigkeit für die Registrierung von und die Aufsicht über Rechtsdienstleister i.S.v. § 10 Abs. 1 RDG (Inkassodienstleister, Rentenberater und Rechtsdienstleister in einem ausländischen Recht) beim Bundesamt der Justiz. Gerade bei Inkassodienstleistungen sollen so die Entwicklungen bei den Kosten sowie der Art und Weise der Geltendmachung von Forderungen besser beobachtet, ausgewertet und bewältigt werden. Letztlich soll damit auch ein „forum-shopping”, das heißt die Beantragung der Registrierung bei einer Behörde mit angenommenen niedrigeren Anforderungen, vermieden werden. Ferner soll für Verbraucher, die Beschwerden erheben wollen, die zuständige Aufsichtsbehörde leichter zu erkennen sein (vgl. BT-Drucks 20/3449, S. 27 f.).
Außerdem sieht der Entwurf vor, dass durch eine Erweiterung von § 20 RDG künftig alle Formen unbefugter Rechtdienstleistungen, sofern sie selbstständig und geschäftsmäßig i.S.v. § 3 RDG betrieben werden, (wieder) als Ordnungswidrigkeiten bußgeldbewehrt werden. Denn derzeit müssen grds. nur Akteure, die ohne Registrierung eine der in § 10 Abs. 1 RDG genannten Rechtsdienstleistungen erbringen, ein Bußgeld befürchten. Auf diese Weise sollen unbefugte Rechtsdienstleistungen wirksam bekämpft und das Sanktionensystem ausgewogener werden (BT-Drucks 20/3449, S. 1). Dies ist besonders vor dem Hintergrund interessant, da aktuell, wie ein BGH-Urteil zeigt (Urt. v. 10.3.2022 – I ZR 70/21, ZAP EN-Nr. 393/2022 m. Anm. Markworth, NJW 2022, 2341; s.a. unten IX. 3.) auch die private Durchsetzung des RDG an Fahrt aufnimmt. Unbefugt tätige Rechtsdienstleistende könnten in Zukunft sowohl durch drohende Bußgelder als auch ein effektives Vorgehen Privater i.R.d. zivil- und wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten an ihrem Tun gehindert werden. So kann verhindert werden, dass es auf dem in jüngerer Zeit stark umkämpften Markt zu einer Zunahme von Rechtsverletzungen kommt.
3. Änderungen der BRAO
Schließlich soll das geplante Gesetz die „große BRAO-Reform” punktuell ergänzen. Dies betrifft, neben einer Modifikation der für wissenschaftliche Mitarbeiter relevanten anwaltlichen Tätigkeitsverbote (s. IV. 1.), die durch die BRAO-Reform neu eingeführte eigene Versicherungspflicht der Berufsausübungsgesellschaft (§ 59n Abs. 1 BRAO). § 59o BRAO regelt dabei abgestufte Mindestversicherungssummen in Abhängigkeit zu den Haftungsrisiken und der Anzahl der anwaltlich oder in einem Beruf nach § 59c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BRAO (Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer) tätigen Berufsträger. Nunmehr soll im Wege einer neuerlichen Gesetzesänderung klargestellt werden, dass es für die Berechnung der zulässigen Jahreshöchstleistung der Versicherung einer Berufsausübungsgesellschaft lediglich auf ihre anwaltlichen Gesellschafter (und nicht – bei interprofessionellen Sozietäten – die Gesellschafter aller Berufsgruppen) ankommt, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind (BT-Drucks 20/3449, S. 55).
4. Schicksal von Sammelanderkonten
Die für Änderunge...