1. Ehewohnung
a) Nutzungsvergütung für Überlassung
Ein Ehegatte, der dem anderen die Ehewohnung im Zuge der Trennung überlassen hat, kann gem. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Bei der Billigkeitsabwägung sind nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2022, 1272 = FamRB 2022, 383 m. Hinw. Neumann) besonders zu beachten:
- die dingliche Berechtigung,
- die ortsübliche Miete für die Wohnung,
- die Tragung von Finanzierungslasten und Nebenkosten bzw. Hausgeld,
- die Dauer der Trennung,
- die erlangte Bedeutung der Wohnung,
- die Unterhaltspflichten sowie
- die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten.
Wird die überlassene Wohnung auch von den gemeinsamen Kindern genutzt, ist die Nutzungsvergütung i.H.v. 20 % des Tabellenunterhalts der Kinder gem. der Düsseldorfer Tabelle zu kürzen. Bezieht der nutzungsberechtigte Ehegatte Leistungen nach dem SGB II ist seine Leistungsfähigkeit i.R.d. Billigkeitsprüfung letztlich nicht von Belang, soweit die von ihm zu entrichtende Nutzungsvergütung i.S.v. § 22 SGB II zu berücksichtigen ist.
Das OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2022, 1274) weist darauf hin, dass hinsichtlich der ortsüblichen Miete die fiktiven Kosten einer angemessenen Ersatzwohnung anzusetzen sind und ggf. die Nutzungsvergütung in Höhe der Tilgungsbeträge gemeinsamer Schulden betreffend die Finanzierung des Grundeigentums zu kürzen ist. Die Mitnutzung durch gemeinsame Kinder ist nur dann von Bedeutung, wenn der anspruchsstellende Ehegatte den Wohnbedarf der Kinder nicht durch die Leistung von Barunterhalt deckt.
b) Zustimmungsverpflichtung zur Kündigung und Freistellungsanspruch nach Trennung
Trennung und Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsam angemieteten Ehewohnung ändern nichts daran, dass der ausziehende Ehegatte im Außenverhältnis zum Vermieter Gesamtschuldner bleibt und die Haftung nur durch eine gemeinsame Kündigung beendet werden kann.
In Übereinstimmung mit der h.M. hat das OLG Brandenburg (FamRZ 2022, 1209) entschieden, dass ein Ehegatte, der im Einvernehmen mit dem ausgezogenen Ehegatten die Ehewohnung allein nutzt, dem anderen gegenüber bereits während der Trennungszeit verpflichtet ist, an der Entlassung aus dem gemeinsamen Mietvertrag mitzuwirken. Die Entlassung erfolgt durch Umgestaltung des Mietverhältnisses im Einvernehmen der Eheleute mit Zustimmung des Vermieters. Der Anspruch des weichenden Ehegatten beruht auf § 1553 Abs. 1. S. 2 BGB, wonach die Ehegatten füreinander Verantwortung tragen.
Das aus dem Wesen der Ehe abgeleitete Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme gilt auch weiterhin nach der Trennung. Der fortgezogene Ehegatte hat mit vollzogener Trennung ein berechtigtes Interesse, in Zukunft nicht mehr möglichen Belastungen aus dem Mietverhältnis ausgesetzt zu sein.
Das OLG Oldenburg (FamRZ 2022, 1271) folgt ebenfalls der h.M., nimmt aber im Hinblick auf die erst für die Zeit ab Scheidung gesetzlich geregelte Zustimmungsverpflichtung (§§ 1361b, 1568a BGB) eine Interessenabwägung vor. Jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres kann der in der Ehewohnung verbliebene Ehepartner zur Kündigung des gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrags verpflichtet werden, wenn er nicht willens oder in der Lage ist, den anderen im Außenverhältnis zum Vermieter von Verpflichtungen freizustellen.
Hinweis:
Der Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Freistellung von Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis bezieht sich auch auf nach einer Kündigung des Mietverhältnisses entstandenen Forderungen des Vermieters.
c) Überlassung der Wohnung nach Scheidung bei Alleineigentum
Nach § 1568a Abs. 2 BGB kann anlässlich der Scheidung der andere Ehegatte von dem Ehegatten, der Alleineigentümer der Ehewohnung ist, deren Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Dies gilt analog auch dann, wenn der Alleineigentümer während der Trennungszeit die Ehewohnung dem anderen Ehegatten überlassen hat und erst nach Rechtskraft der Scheidung sein Eigentumsrecht geltend macht.
Das OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2022, 1845) betont, dass an die Annahme einer unbilligen Härte hohe Anforderungen zu stellen sind, da in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum eingegriffen wird und es sich um eine Ausnahmeregelung handelt. Die Zuweisung ist nur zulässig, wenn dies dringend erforderlich ist, um eine unerträgliche Belastung abzuwenden, die den anderen Ehegatten außergewöhnlich beeinträchtigen würde. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Ehegatte für sich und die von ihm betreuten Kinder keine Wohnung finden kann.
Wenn jedoch der andere kinderbetreuende Ehegatte während der Trennungszeit keinerlei Anstrengungen zur Suche von Ersatzwohnraum unternommen hat, reichen Befürchtungen nicht aus, die Kinder könnten durch einen Umzug die sozialen Bindungen in den Bildungseinrichtungen, im Freundeskreis und bei Vereinen verlieren.
2. Gesamtschuldnerausgleich
Nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen zum Ausgleich verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
Das OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2022, 1265) führt aus, dass sich eine abweichende Bestimmung aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhäl...