(OVG Niedersachsen, Beschl. v. 3.2.2023 – 12 ME 6/23) • Für eine vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen i.S.d. § 55d S. 3 VwGO reicht es nicht aus, dass ein Rechtsanwalt im Zuge des beA-Kartentauschs 2022, warum auch immer, zeitweilig über keine aktivierte Chipkarte verfügte, sondern dürfte es maßgeblich darauf ankommen, weshalb das nicht der Fall war.
Anmerkung: Vor dem OVG herrscht Anwaltszwang und leider hat der Antragsteller in diesem Verfahren einen Rechtsanwalt ausgewählt, der ein Jahr nach Beginn der aktiven Nutzungspflicht des beA die Beschwerdeschrift per Telefax einreichte, weil er die im September 2022 übersandte beA-Karte bis zum Jahresende 2022 nicht aktivieren konnte. Dieser habe sich deswegen am 3.1.2023 an die Hotline der BNotK gewandt, der er die Schuld dafür gab, dass er am 6.1.2023 noch nicht aus dem beA hätte senden können. Das OVG geht zwar davon aus, dass eine Unmöglichkeit der Einreichung als elektronisches Dokument sich auch aus Ursachen ergeben kann, die in der Sphäre des einreichenden Rechtsanwalts liegen. Es muss sich dann aber um einen „Ausfall der technischen Einrichtungen” des Anwalts handeln. Hat der Rechtsanwalt es versäumt, beizeiten die Zugangsvoraussetzungen zu schaffen, so handele es sich um typisch menschliches Versagen des professionellen Einreichers und keine technische Störung. Für das Gericht war erkennbar, dass der Rechtsanwalt sich nicht um die Aktivierung seiner neuen Chipkarte gekümmert hatte und es sich beim zeitlichen Verzug nicht um „technischen Gründe” handele. Zur Wahrung des Rechtsfriedens weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Beschwerde des Antragstellers voraussichtlich auch in der Sache erfolglos geblieben wäre. So bleibt dem Rechtsanwalt zumindest ein Regress erspart.
Hinweis:
Nachdem zwischenzeitlich alle Anwaltskarten ausgetauscht wurden, stehen jetzt noch die Software-Zertifikate (SW) und beA-Mitarbeiterkarten aus. Nehmen Sie den Austausch zum Anlass, um das gesamte beA-Kartenmanagement zu überprüfen. Wer setzt welche Karte/SW ein? Werden noch alle Karten/SW benötigt oder können ggf. Karten/SW gekündigt werden? Werden weitere Karten/SW benötigt? Die BNotK stellt im Zuge des Austauschs eine einfache Möglichkeit zur Kündigung zur Verfügung. Erfassen Sie alle in Ihrer Kanzlei vorhandenen Zugangsmöglichkeiten und überprüfen Sie in regelmäßigen Abständen, ob Handlungsbedarf besteht.
ZAP F. 4 R, S. 109–122
Von Ilona Cosack, beA-Expertin, Fachbuchautorin und Inhaberin der ABC AnwaltsBeratung Cosack, Fachberatung für Rechtsanwälte und Notare, Mainz